Am 08.08.24 veröffentlichte der FDP-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Kubicki auf https://wkubicki.abgeordnete.fdpbt.de/zur-auswertung-der-rki-files seine Analyse der geleakten RKI-Files. Diesen
Text habe ich mit meinen Kommentaren versehen.
„Und wo ist jetzt der Skandal?“ hieß es in der „Süddeutschen“ kurz nach der Veröffentlichung der ungeschwärzten RKI-Files, die dank eines Whistleblowers und einer unabhängigen Journalistin die
Öffentlichkeit erreichten. Dass die Wissenschaftsjournalistin des Jahres 2021, Christina Berndt, im Lichte der eigenen unkritischen Regierungsbegleitung zur Corona-Zeit zu einem solchen Schluss
gekommen ist, hat mich wenig überrascht. Ebenso wenig, dass sich öffentlich-rechtliche „Faktenchecker“ und der „Spiegel“ mehr oder minder ähnlich verhielten. Manch einer mag es für seriös halten,
die tausenden von Seiten nach einer kurzen Draufsicht abschließend für völlig unkritisch zu befinden. Ich habe es mir nicht so leicht gemacht wie zum Teil hochdotierte und reichhaltig besetzte
Redaktionen vor allem von ARD und ZDF.
Kommentar:
Wie kann ein Insider aus der Ampelunion ernsthaft glauben, dass die von ihr gleichgeschalteten Propagandaeinrichtungen die Analyse der RKI-Files nur aus Faulheit unterlassen zu haben. Zu anderen
Themen kritisiert Kubicki die Einseitigkeit von ARD und ZDF nicht.
Ich habe mir also die Protokolle des RKI-Krisenstabes näher angeschaut, insbesondere den Zeitraum von Januar 2021 bis ins späte Frühjahr des Jahres 2022. Und nach der Durchsicht schon dieses begrenzten Zeitraumes stellen sich Fragen, die möglicherweise nicht so leicht von der Hand gewischt werden können und sollten. Es betrifft zum einen den Kernbereich des parlamentarischen Fragerechts. Und es wirft zum anderen die Frage auf, welche Rolle die Spitze des Robert Koch-Institutes bei der Hinzuziehung als „sachkundige Dritte“ im Verfahren „Bundesnotbremse“ vor dem Bundesverfassungsgericht gespielt hat. Nicht zuletzt müssen wir die ernsthafte Frage stellen, welches Amtsverständnis Bundesgesundheitsminister Lauterbach mit Blick auf die Grundrechte hatte. Aber der Reihe nach.
Kommentar:
Wie kann es sein, dass sich Kubicki diese Fragen erst jetzt stellt. Dass das RKI eine weisungsgebundene Behörde ist und kein „sachkundiger Dritter“, war seit Anfang an bekannt. Wenn das
Bundesverfassungsgericht deren Aussagen als Beweismittel akzeptiert, wurde es nicht getäuscht; es war Komplize des Verfassungsbruchs.
Im Laufe der Corona-Pandemie habe ich viele Fragen an das Bundesgesundheitsministerium gerichtet, ganz gleich, ob der Minister Spahn oder Lauterbach hieß. Bis heute sind allein zum Komplex „Corona“ rund 100 meiner Einzelfragen im System des Deutschen Bundestages auffindbar. Zudem habe ich mehrfach schriftlich direkt mit den Ministern Kontakt aufgenommen, um bestimmte politische Argumentationen der jeweiligen Hausspitze hinterfragen und nachvollziehen zu können. Ich halte die parlamentarische Kontrolle von exekutiven Entscheidungen in einer Demokratie für unerlässlich – dieses Recht und die Pflicht gilt für Abgeordnete der Opposition wie der regierungstragenden Fraktionen. Denn nur eine starke parlamentarische Kontrolle und Begleitung helfen, ministeriellen Anmaßungen entgegenwirken zu können. Einen grundrechtlichen Rabatt gebe ich niemandem aus der Exekutive. Auch nicht einem Minister der eigenen Koalition.
Kommentar:
Kubicki sollte auch andere Anfragen erwähnen. Am 04.06.20 erklärte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von 46 Abgeordneten (1), dass sie nur die vom RKI veröffentlichten
Situationsberichte als Entscheidungs-grundlage habe. Heute wissen wir, dass diese nach den Vorgaben des BMG verfasst wurden. Das BMG hat also seine Datenbasis selbst verfasst. Und die Kanzlerin
forderte in ihrer berüchtigten Fernsehansprache vom 18.03.20: „Glauben Sie nur den offiziellen Quellen.“ Kannte Kubicki die Anfrage nicht, oder geht es ihm um die fortgesetzte Ausgrenzung der
„Verschwörungstheoretiker“ Bhakdi, Hockertz, Homburg, Müller und Wallach?
Ich darf festhalten: Im Laufe der Jahre wurden viele Fragen durchaus ordentlich beantwortet. Ich habe Lauterbachs Haus so lange mit interessierter Aufmerksamkeit hinsichtlich der umstrittenen „StopptCovid-Studie“ bedacht, bis die zugrundeliegenden Daten im März dieses Jahres der steuerzahlenden Öffentlichkeit endlich zur Verfügung gestellt wurden. Mir wurde mittels schriftlicher Einzelfrage offiziell bestätigt, dass das deutsche Gesundheitssystem während der Pandemie nie überlastet war. Und Lauterbachs Haus erklärte mir im Februar dieses Jahres, dass die deutlich geringere Zahl an freien Intensivbetten im Winter 2023/24 - verglichen mit den drei Corona-Wintern zuvor - überhaupt kein Problem darstellte. Gaben Ende Januar 2021 3.937 freie Intensivbetten noch Anlass zu höchster Sorge und für schwerste Grundrechtseingriffe, waren die 1.988 freien Intensivbetten, die Ende Januar 2024 ausgewiesen wurden, im Rahmen eines üblichen Winters, also ganz normal und völlig ausreichend.
Kommentar:
Dass einem Promi auch ein viele Fragen ordentlich beantwortet werden, ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Die „normale“ Antwort auf parlamentarische Anfragen ist „Die Bundesregierung hat
keine Kenntnis ...“ (also keine Ahnung!) Das weiß der informierte Bürger aber schon lange. Die Ironie zu den freien Intensivbetten versteht man erst nach mehrmaligem Lesen.
Ich habe zudem die schriftliche Bestätigung von Jens Spahn, dass der R-Wert des 27. April 2020 doppelt aufgerundet wurde und dieser deshalb bei 1,0 landete - was (neben der Kanzlerinnen-Warnung vor „Öffnungsdiskussionsorgien“) kurz vor einer Ministerpräsidentenkonferenz eine eindrückliche, weil grundrechtsrelevante Wirkung entfaltete. Ferner verriet mir Lauterbachs Staatssekretärin - allerdings auch erst auf hartnäckige Nachfrage -, dass es im Juni 2020 eine Art „Geheimtreffen“ mit mehreren Bundesministerien und dem Regierungssprecher Seibert einerseits sowie Vertretern unter anderem von YouTube, Facebook, der Correctiv gGmbH und der Amadeu Antonio Stiftung andererseits gegeben hat. Bedauerlicherweise gäbe es hierüber keinerlei Aufzeichnungen, erklärte man mir. Es ging in diesem „Gedankenaustausch“ aber um die Abwehr von Desinformation. So weit, so gut.
Kommentar:
So weit, so schlecht! „Abwehr von Desinformation“ heißt auf Deutsch: Zensur!
Andere meiner Fragen wurden wiederum nur sehr knapp, manche gar nicht beantwortet. Nach der Durchsicht der RKI-Files kann ich jetzt allerdings feststellen: Bei einigen Antworten hat mir das Ministerium offenbar nicht die Wahrheit gesagt.
Kommentar:
Dass Politiker lügen muss ein Politiker doch wissen.
Gehen wir zunächst ins Jahr 2021 zurück. Wir erinnern uns, Jens Spahns coronapolitische Bemühungen waren zu Beginn des Jahres nicht gerade vom Glück gesegnet. Die staatliche Verteilung der
FFP2-Masken lief nur schleppend an und die Impffortschritte befanden sich auf dem Stand eines Entwicklungslandes. Im Februar meldeten dann mehrere Medien überraschend Positives: Laut einer
israelischen Studie seien die frisch mit Biontech gegen Corona Geimpften nicht mehr ansteckend. Ich fragte beim zuständigen Ministerium nach, wann eine Festlegung getroffen wird, ob eine
Übertragung von SARS-CoV-2 durch Geimpfte oder Genesene möglich ist. Am 16. März 2021 antwortete mir der Parlamentarische Staatssekretär des BMG, Thomas Gebhart, unter anderem, dass eine solche
Festlegung erst „zum Zeitpunkt der Auswertung von diesbezüglichen aussagekräftigen wissenschaftlichen Studien“ möglich sei.
Was bedeutete: Entweder lagen zum damaligen Zeitpunkt keine aussagekräftigen Studien vor, oder es lagen welche vor, diese wurden aber noch nicht ausgewertet.
Dank der RKI-Files wissen wir jetzt, dass diese Auskunft des Ministeriums falsch gewesen sein musste. Denn dem RKI blieb diese Studie (die laut „Bild“ interessanterweise in Zusammenarbeit
zwischen israelischem Gesundheitsministerium und Pfizer entstand) nicht unbekannt. Im Protokoll des 12. Februar 2021 lesen wir unter dem Punkt „Textanpassung zum Thema ‚Impfung‘“ folgendes:
„Textabschnitt zu Hinweisen auf Verringerung der Übertragbarkeit durch Impfung eingefügt, Daten dazu aus Israel vorhanden“.
Kommentar:
Vorsicht! Jede Kritik an Israel steht sofort unter Antisemitismus-Verdacht! Soll etwa behauptet werden, die isrealische Studie sei vom Hersteller der Impfstoffe geschrieben worden? Das wäre je
Korruption!
Und eine Woche später, am 19. Februar, waren die Daten offensichtlich auch ausreichend ausgewertet: „Publikation aus Israel: 85% Inzidenzreduktion nach 1. Impfung“, „Daten zeigen, dass bei
Geimpften nur gelegentlich noch Infektionen vorkommen“, „Viruslast signifikant geringer“. Zudem machten sich die Mitarbeiter des RKI ähnliche Gedanken wie ich kurze Zeit später: „zu überlegen,
wie viele Daten RKI benötigt um solcherart Entscheidungen zu treffen“.
Tatsächlich wurde diesbezüglich nicht lange überlegt, denn das RKI bekam wenige Tage nach der Antwort des Gesundheitsstaatssekretärs an mich, nämlich am 22. März, von der Bund-Länder-Runde einen
Auftrag. (Dass dieses nicht in der Verfassung vorgesehene Gremium zu einer solchen Beauftragung gar nicht befugt war, sei nur nebenbei erwähnt.) Im MPK-Beschluss hieß es: „Das
Robert-Koch-Institut wird gebeten, bis zur nächsten Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder einen Bericht darüber vorzulegen, ob bzw. ab welchem Zeitpunkt
geimpfte Personen mit so hinreichender Sicherheit nicht infektiös sind, dass eine Einbeziehung in Testkonzepte möglicherweise obsolet wird.“ Dass das RKI hiermit eigentlich gebeten wurde, seinen
gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, fand im Übrigen kein zeitgenössischer Beobachter merkwürdig.
Kommentar:
Dass Behörden Beamten-Mikado spielen, ist doch nicht ungewöhnlich. Das muss vor Allem dann gelten, wenn die Behörde nur auf Anweisung tätig wird. Kubicki ist so sehr Politiker, dass er diesen
Vorwurf nur zwischen den Zeilen formuliert.
Jedenfalls lag plötzlich eine aussagekräftige Studie vor, auf deren Grundlage RKI-Präsident Lothar Wieler den Ministerpräsidenten am 31. März schriftlich berichten konnte. Es war die besagte israelische Studie vom Februar. Wir müssen davon ausgehen, dass das RKI den gleichen Kenntnisstand hatte wie zum Zeitpunkt der Antwort Gebharts, als Präsident Wieler unter Berufung einzig auf diese wissenschaftliche Grundlage schrieb: „Aus Public Health-Sicht erscheint das Risiko einer Virusübertragung durch Impfung nach gegenwärtigem Kenntnisstand in dem Maß reduziert, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielen.“ Erst der Aufforderung der Landesfürsten bedurfte es also, damit die wissenschaftlichen Daten für eine entsprechende Feststellung des RKI ausreichten.
In einem weiteren Fall war die offizielle Auskunft des BMG mindestens mangelhaft, wahrscheinlich aber ebenso falsch. Im Laufe der Pandemie wurde immer merkwürdiger, warum das RKI die Daten nicht
öffentlich machte, wer wegen und wer mit Corona hospitalisiert oder verstorben war. Diese Differenzierung hätte Aufschluss darüber geben können, ob sich das Virus möglicherweise in eine mildere
oder gefährlichere Richtung entwickele. Insofern gab es hieran ein großes öffentliches Interesse.
Kommentar:
Das öffentliche Interesse ist aber nicht das politische Interesse. Schon im April 2020 war zu erkennen, dass die Corona-Hysterie im Ergebnis nur eine Marketing-Kampagne war, um die
mRNA-Präparate, die irreführend als Impfstoffe bezeichnet wurden, zu verkaufen; auf Kosten der Steuerzahler. Man muss schon sehr naiv sein um nicht zu vermuten, dass hierbei reichlich
Schmiergelder geflossen sein müssen.
Ich fragte also mehrfach per parlamentarischer Einzelfrage nach dieser Differenzierung, zuerst im Frühjahr 2021. Stets lautete die Antwort des Gesundheitsministeriums sinngemäß: Wir sind ganz kurz davor, diese veröffentlichen zu können. Noch im November 2022 schrieb mir das BMG auf die Frage, ob es technische, rechtliche oder vergleichbare Hindernisse für die Veröffentlichung gäbe: Es werde aktuell an einer Lösung für die detailliertere Differenzierung gearbeitet. „Die dafür notwendigen Umsetzungsschritte werden derzeit implementiert.“
Kommentar:
Natürlich wurde Kubicki hingehalten, denn mit diesen Daten wäre das Lügengebäude in sich zusammengebrochen.
Durch die RKI-Leaks wissen wir jetzt: Differenzierte Zahlen lagen dem RKI spätestens seit dem Frühjahr 2022 vor, wurden aber nie der Öffentlichkeit präsentiert. Dem Datensatz vom 23. Februar des Jahres können wir eine Grafik entnehmen, aus der hervorgeht, dass der Anteil der Menschen, die zwar an Covid erkrankt waren, aber an einer anderen Ursache verstorben sind, zum Teil lange vor meinen Fragen bekannt war. So kann man aus dem Leak erkennen, dass der Anteil der offiziellen Corona-Toten, die lediglich positiv getestet wurden, im Einzelfall über 25 Prozent lag. Somit wurde die offizielle Zahl der Corona-Toten immer höher ausgewiesen, als es richtig gewesen wäre. Das BMG verzichtete offensichtlich auf eine entsprechende transparente Darstellung. Die mir gegebenen Antworten vom Lauterbach-Ministerium waren mindestens irreführend. Hierfür trägt der Gesundheitsminister die Verantwortung.
Kommentar:
25 Prozent ist viel zu niedrig. Auch wer an Corona erkrankt war ist am Ende an einer Lungenentzündung gestorben. Und Lungenentzündungen mit Corona wurden anders behandelt als traditionelle
Lungen-entzündungen. Es wurde bisher nicht hinterfragt, ob diese andere Behandlung die Todesrate nicht auch in die Höhe getrieben haben könnte.
Die falsche Angabe durch Ministerien ist das eine, der mindestens lückenhafte, wenn nicht sogar falsche Vortrag vor dem Bundesverfassungsgericht durch eine Bundesoberbehörde ist etwas anderes. Zugegeben, ein solcher Vorwurf wiegt schwer, deshalb werde ich dies mit einer Reihe an Beispielen unterlegen. Bei den wichtigsten Entscheidungen der Karlsruher Richter in der Zeit der Corona-Pandemie geben uns die RKI-Files wichtige Auskunft über die internen Diskussionslinien zu zentralen Punkten der juristischen Auseinandersetzung. Daher bleiben wir eng an diesen Protokollen.
Kommentar:
Wer an die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts glaubt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann! Während des Corona-Regimes war es die Aufgabe der Gerichte, die Regierung vor den Bürgern zu
schützen, nicht umgekehrt.
Und hier fällt schnell im Jahre 2021 die Diskussion um die Inzidenzzahlen ins Auge. Die Sieben-Tage-Inzidenz war das alleinige Kriterium der Bundesregierung, das bei der sogenannten
„Bundesnotbremse“ über Ausgangssperren oder Schulschließungen entschied. Wir, die 80 Abgeordneten der FDP-Bundestagsfraktion, die die Notbremse vor dem Bundesverfassungsgericht beklagt hatten,
trugen in dem Verfahren beispielsweise vor, dass die starren Inzidenzen als alleiniges Kriterium untauglich für harte gesetzliche Folgen sind. So sei nicht erkennbar, ob eine hohe Inzidenz auf
ein diffuses oder ein klar eingrenzbares Infektionsgeschehen zurückzuführen ist. Inzidenzen seien extrem meldeabhängig, das heißt, über Feiertage komme es wegen Meldelücken regelmäßig zu
Unklarheiten über den eigentlichen Inzidenzverlauf. Zudem schwinde wegen der fortschreitenden Durchimpfung die Aussagekraft. Das einseitige Abstellen auf den Inzidenzwert könne daher trügerisch
sein. Ähnlich kritisch hatten sich im April 2021 auch der Pandemie-Experte Klaus Stöhr und der Virologe Detlev Krüger in einem gemeinsamen Schreiben an die Bundestagsfraktionen geäußert.
Beim RKI sah man dies intern offenbar ähnlich. Zwar war man Anfang 2021 wohl noch überzeugt, dass die Inzidenzzahlen für eine vernünftige Bewertung der epidemischen Lage tauglich seien. Am 8.
Februar hieß es daher, man sei „sehr zuversichtlich, dass Inzidenz den Verlauf der Epidemie gut abbildet“. Als jedoch Kanzleramtsminister Helge Braun drei Wochen später die Idee hatte, eine
„zweiarmige Teststrategie“ ins Leben zu rufen, wurde man im RKI nervös. Ein bis zwei regelhafte Schnelltests pro Bürger pro Woche, plus Schnelltests für das Betreten von bestimmten Einrichtungen
oder die Teilnahme an Veranstaltungen würden nach überschlägiger Schätzung der Experten 100 Millionen Tests pro Woche bedeuten. „Dieses Vorgehen“, so lesen wir in den Files, „würde die Inzidenzen
verändern, da wir aktuell von Untererfassung ausgehen und die aktuellen Grenzwerte wären somit hinfällig. Es würde die aktuelle Teststrategie verzerren. Die Lage könnte nicht mehr beurteilt
werden. Das scheint auf Fachebene im BMG klar zu sein.“
Kommentar:
Hier sollte Kubicki mit seinen Anspielungen etwas konkreter werden. In der Wissenschaft lernt man hinzu und revidiert frühere Einschätzungen. Politiker haben den Anspruch, ewige Wahrheiten zu
verkünden, die sich dann natürlich nicht im Nachhinein als falsch herausstellen dürfen. Kubicki zeigt einen weiteren Beleg, dass das RKI unwissenschaftlich gearbeitet hat. Der durchschnittliche
Leser versteht diese Andeutung nicht.
Es liegt auf der Hand, dass ein Mehr an Testungen eigentlich auch ein genaueres Bild über die Inzidenzentwicklung in der bundesdeutschen Bevölkerung zur Folge haben müsste. Dass das Robert
Koch-Institut im Angesicht von genaueren Zahlen den Schluss zieht, dass die Lage nicht mehr beurteilt werden könne, ist bemerkenswert.
Kommentar:
Natürlich verwickelte sich das RKI in Widersprüche. Das war den „Verschwörungstheoretikern“ auch vor der Veröffentlichung der RKI-Files bekannt. Aber Kubicki wollte ihnen nicht glauben und er
räumt auch jetzt nicht ein, dass er ihnen hätte glauben sollen.
Aufschlussreich ist eine weitere interne Debatte zu dieser Frage, die im RKI-Protokoll vom 9. April 2021 dokumentiert ist - zwölf Tage vor der abschließenden Befassung im Deutschen Bundestag.
Hier lesen wir, dass es im RKI offenkundig zwei Sichtweisen auf die Sieben-Tage-Inzidenz gab: „Standpunkt 1: Es ist sehr wichtig zu kommunizieren, dass die aktuelle 7d-Inzidenz ein konservativer
Wert ist, der tatsächliche Wert liegt immer höher! Daher sollte man (kontinuierlich) den Wert + x% durch Nachmeldungen kommunizieren. Beispielsweise war die ursprüngliche 7d-Inzidenz für den
1.4.21 134/100.000 EW, später erhöhte er sich durch Nachmeldungen auf 150/100.000 EW.“; „Standpunkt 2: Fokus sollte nicht auf Inzidenz liegen, sondern auf der Vermeidung von schweren Verläufen
(ITS Daten)! Die Inzidenz-Grenzwerte sind willkürliche politische Werte und der Fokus darauf, dass die tatsächlichen Werte höher liegen, würde keine vorgezogenen Maßnahmen bewirken und eher als
eine Unsicherheit gewertet werden.“
Hiermit wird deutlich: Ganz gleich, welcher der beiden Linien man folgt, das Ergebnis für die Sieben-Tage-Inzidenzwerte ist nicht schmeichelhaft: Sie sind so oder so untauglich. Entweder sie
bildeten das reale Infektionsgeschehen nicht hinreichend klar ab, sodass die Kopplung dieser isolierten Zahlen an starre Grenzwerte einem grundrechtlichen Lottospiel gleicht. Oder, Standpunkt 2,
man befindet, es seien willkürliche politische Werte, weshalb der eigentliche Fokus auf den Daten der Intensivstationen liegen müsse.
Kommentar:
Hier könnte man das RKI sogar gegen Kubicki verteidigen. Die Haltung „besser schlechte Daten als gar keine“ ist nicht unlogisch. Natürlich blieb das RKI bei der politischen Linie, nur politisch
genehme Daten zu liefern.
Auch wenige Tage später problematisierte der Krisenstab die Inzidenzzahlen. Am 12. und am 16. April stellten die Experten klar, dass die Unterschätzung am Meldetag zum Teil zehn bis 15 Prozent
betrage. Die später eintrudelnden Nachmeldungen, die diesen Wert erhöhten, erschwerten die argumentative Lage der Exekutive: „Gleichzeitig wird zu bedenken gegeben, dass angesichts der geplanten
Verknüpfung politischer Maßnahmen mit der 7-Tage-Inzidenz nachträgliche Änderungen der Werte schwer zu vermitteln sind.“ Dem Robert Koch-Institut war sehr klar, dass bei der Bundesnotbremse feste
Gesetzesfolgen und schwerste Grundrechtseingriffe mit wackeligen Zahlen verbunden werden sollten.
Wenig später häuften sich die Nachrichten über Probleme der Nachmeldungen. So berichtete der „Spiegel“ Anfang Mai, dass der „wahre“ Inzidenzwert in Wilhelmshaven zum Teil rund 60 Prozent über dem
gemeldeten lag. Es war kein Einzelfall.
Kommentar:
Bei der Existenz unabhängiger Gerichte wäre die Diskussion, ob die Daten gerichtsfest wären, anders ausgegangen. RKI und BMG wussten aber, dass besonders die Verwaltungsgerichte „auf Linie“ waren
und dass nur irgendwelche Zahlen vorgelegt werden müssten, die dann kein Richter hinterfragen würde - Judex non calculat!
Am 19. April finden wir in den Files einen weiteren Hinweis darauf, dass das alleinige Festhalten an den Inzidenzwerten für fachliches Unbehagen bei der RKI-Mitarbeiterschaft sorgte: „‚Control Covid‘-Publikationen und -Grafiken sollten stärker in den Vordergrund gestellt werden, damit nicht nur die Inzidenz öffentliche Berücksichtigung findet, auch um auch lokale Gegebenheiten zu berücksichtigen und eine differenzierte Betrachtungsweise zu fördern“. Will heißen: Inzidenzwerte taugen weder für eine differenzierte noch für eine den lokalen Gegebenheiten entsprechende Betrachtungsweise.
Kommentar:
Nur ein weiterer Beleg dafür, dass die Bürger nach Strich und Faden belogen und betrogen wurden. Das war natürlich immer nur eine Verschwörungstheorie.
Am 23. April trat die Bundesnotbremse in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt war offensichtlich noch nicht entscheiden, wie man mit den Nachmeldungen umgehen wollte. So lesen wir fünf Tage später, am 28.
April, in den Protokollen Erstaunliches: „Aus juristischen Gründen war seitens der Mehrzahl der Länder eine Einfrierung der Inzidenz auf den Meldetag befürwortet worden (Gerichtsfestigkeit der
Daten als Grundlage für Maßnahmenplanung)“. Das Gesetzesvorhaben wurde offensichtlich so schnell und so stümperhaft durch Bundestag und Bundesrat gejagt, dass die Exekutive einfach freihändig
festgelegt hat, dass mit wenig genauen Zwischenstandszahlen schwerste Grundrechtseingriffe vorzunehmen seien. Das ist gelebter föderaler Dilettantismus.
Kommentar:
Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung soll das Parlament die Regierung kontrollieren, in Wirklichkeit kontrolliert die Regierung das Parlament. Hier sollte sich Kubicki an die eigene Nase
fassen.
Das RKI wies in den ersten Tagen auf der gesetzlich genannten Internetseite den „genaueren“, aber sich laufend verändernden Wert aus, der die Nachmeldungen beinhaltete. Erst nach ein paar Tagen
wurde dies geändert und auf den „eingefrorenen“ umgeschwenkt.
Kommentar:
Es handelte sich um ein Ermächtigungsgesestz. Das RKI wurde zum Lügen ermächtigt.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die RKI-Files auch noch in den Wochen danach – die Bundesnotbremse blieb bis zum 30. Juni 2022 in Kraft - fundamentale Zweifel an der reinen
Inzidenzbetrachtung beinhalten. Am 21. Mai lesen wir: „Frage, wann die AHA+L Regeln deeskaliert werden können, wird jedoch irgendwann beantwortet werden müssen, die Inzidenz ist keine geeignete
Maßzahl.“ Und am 9. Juni, als die Inzidenzen sanken, stieg die Sorge des RKI: „Trotz sinkender Inzidenzen ist die Gefahr noch nicht vorüber“; „Wichtig zu kommunizieren: Die jetzige Situation ist
unter Schutzmaßnahmen entstande[n]“; „RKI kann sich hierzu unabhängig von der Politik, die auf Inzidenzen schaut, positionieren“. Bereits am 17. Mai findet sich zudem ein Eintrag, der die
Inzidenz-Abweichungen wegen Christi Himmelfahrt darlegt: „Herr Wieler weist in BPK [Bundespressekonferenz, WK] kommenden Freitag auf diese Abweichungen erneut hin, wird zu vorsichtiger
Interpretation der Zahlen raten“. Ich denke, es ist unsererseits nicht überinterpretiert, wenn wir letzteres wie folgt übersetzen: „Trauen Sie diesen Feiertagszahlen nicht.“
Das RKI blieb über die Monate um die Bundesnotbremse erstaunlich konstant, was die Bewertung einer alleinigen Geltung der Inzidenzzahlen anging. Am 20. Oktober 2021, zwar einige Zeit nach der
Bundesnotbremse, aber noch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes lesen wir im Protokoll: „Vermehrte Anfragen zur Festlegung einer Inzidenz, mit deren Überschreitung mit einer
Überlastung der ITS-Belegung zu rechnen ist - Antwort des Krisenstabs: Keine Angabe möglich! Begründung: Die Korrelation der ITS-Auslastung mit den Fallzahlen ist dynamisch und ändert sich in
Anhängigkeit [sic] von verschiedenen Faktoren, u.a. Impfstatus und Altersgruppe der Erkrankten. Zudem spielen regionale Aspekte eine zentrale Rolle, wie z.B. Anzahl betreibbarer ITS Betten,
Impfquote. Es gibt einen groben Orientierungswert im Control-COVID Papier. Ziel der Pandemiebewältigung ist zusätzlich zur Verhinderung einer Überlastung auch die Verhinderung von schweren
Verläufen.“
Beim Bundesverfassungsgericht kamen die dargelegten Bedenken des RKI interessanterweise jedoch nie an. Das Institut, nunmehr höchstrichterlich zur Bundesnotbremse befragt in einer angeblich
neutralen Funktion als „sachkundiger Dritter“, hielt die Sieben-Tage-Inzidenzwerte plötzlich für eine geeignete Messgröße: „Das Robert Koch-Institut hob in seiner Stellungnahme hervor, dass bei
einem ansteigenden Infektionsgeschehen ein Indikator benötigt werde, der nicht lediglich eine schon eingetretene Überlastung medizinischer Ressourcen anzeigt, sondern frühzeitig auf eine kommende
Belastung des Gesundheitsversorgungssystems hinweist, um rechtzeitig entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Inzidenzwerte können als früher Indikator genutzt werden, weil sie den anderen
Indikatoren wie der Zahl der Hospitalisierungen, einschließlich intensivmedizinisch behandelter Fälle, oder einer steigenden Zahl von Todesfällen zeitlich – circa sieben bis zehn Tage –
vorausgingen.“ Bedenken des RKI oder die Vorlage anderer, geeigneterer Messgrößen erwähnte das Verfassungsgericht nicht.
Diese Einlassung verblüfft vor dem Hintergrund der RKI-Files - und führt zu ernsten Folgefragen. Warum hat Lothar Wieler als Präsident gegenüber dem Bundesverfassungsgericht die zum Teil massiven
internen Vorbehalte seines Institutes nicht kommuniziert? Was sollen wir davon halten, wenn eine Bundesoberbehörde hinter verschlossenen Türen einen Sachverhalt anders einschätzt als vor Gericht
– und damit möglicherweise eine Entscheidung von enormer Tragweite zugunsten einer Partei beeinflusst? Und wieso waren die Karlsruher Richter so naiv anzunehmen, dass eine weisungsgebundene
Behörde plötzlich unabhängig als „sachkundiger Dritter“ befragt werden könne - ohne darauf einzugehen, dass es ein problematisches Abhängigkeitsverhältnis zur Bundesregierung geben könnte? Und
nicht nur das: Das Gericht versah die Einschätzungen des Robert Koch-Institutes in der rechtlichen Würdigung vielmehr mit einem besonderen Gewicht, weil jenes ja im gesetzlichen Auftrag handele.
Was können wir also retrospektiv von diesem ohnehin umstrittenen Urteil zur Bundesnotbremse halten? Das sind Fragen, mit denen sich eine parlamentarische Aufarbeitung beschäftigen sollte.
Kommentar:
Die Verblüffung ist ziemlich unverständlich. Wer den Bock zum Gärtner macht darf sich nicht wundern, dass das Gemüse gefressen wurde.
Die Debatte über die allgemeine Impfpflicht wird in historischer Betrachtung sicherlich als eine der verrücktesten gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzungen der
Bundesrepublik bewertet werden. Die Verfechter des „Teams Vorsicht“, deren zum Teil hemmungslose Hatz auf Ungeimpfte kaum mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes in Einklang zu bringen
war, werden sich hoffentlich einmal im Rückblick einer kritischen Selbstprüfung unterziehen. Die Worte der „Tyrannei“, vom „Ausschluss aus dem öffentlichen Leben“, von „Bekloppten“ und
„Verfassungsfeinden“ haben schwere Wunden verursacht. Wenn wir die tiefste Schneise suchen, die in unsere Gesellschaft in der Pandemie geschlagen wurde, dann werden wir hier fündig. Gerade in
dieser Streitfrage werden „wir“ einander viel zu verzeihen haben. Das geht allerdings nur, wenn zuvor Worte der Einsicht und des Bedauerns gesprochen werden.
Einer derjenigen, die sich im Kesseltreiben ministrable Weihen verschaffte, war der aktuelle Gesundheitsminister. Man kann natürlich wie der „Spiegel“ das neue Framing Karl Lauterbachs glauben,
der das schreckliche Wort der „Pandemie der Ungeimpften“ kürzlich menschenfreundlich einzuordnen versuchte. Eigentlich, so der Minister, war dieses Diktum damals als Ausdruck der Sorge um die
Ungeimpften gemeint. „Viele der damals getroffenen Maßnahmen seien demnach notwendig gewesen, um besonders die Ungeimpften und das Gesundheitssystem zu schützen“, zitierte ihn das Hamburger
Magazin in indirekter Rede.
Kommentar:
In der katholischen Kirche gilt die Reihenfolge: Beichte - Reue - Buße - Vergebung. Kubicki sucht eine Abkürzung: Beichte - Vergebung. Das wäre aber die Aufforderung an die Politiker, bei der
nächsten Marketing-Kampagne der Pharmaindustrie das Verfahren zu wiederholen.
Liest man frühere Twitter-Posts kann man jedoch eher zum Schluss kommen, dass die solidarische Sorge in dieser Zeit eher im Hintergrund stand, vielmehr besorgte Lauterbach die unsolidarische
Stigmatisierung und Ausgrenzung vieler Menschen selbst. Ein Beispiel: „Die Unterschiede der Inzidenz zwischen den Geimpften und Ungeimpften ist gigantisch. Es ist und bleibt eine Pandemie der
Ungeimpften. Das bedeutet: diese Welle kann man durch Booster Impfungen der Ungeimpften alleine nicht brechen. Der Quasi Lockdown der Ungeimpften ist ein Muss. Es geht nicht anders“, schrieb er
am 15. November 2021. Das klang doch etwas kälter als seine gegenwärtige Einordnung.
Kommen wir zurück zu den RKI-Files und den Lehren, die wir aus den bewegten Wochen des Frühjahrs 2022 ziehen können. Karl Lauterbach hat Ende März dieses Jahres eine politische Einmischung in die
RKI-Corona-Empfehlungen verneint. „Es gab keine politischen Weisungen“, tat er kund. Das Institut habe unabhängig gearbeitet und tue es weiterhin. „Das Robert Koch-Institut ist nicht
weisungsgebunden, in die wissenschaftlichen Bewertungen des Instituts mischt sich die Politik nicht ein, ich auch nicht.“ Wir werden im Folgenden sehen, dass diese selbstbewusste Ansage gerade im
Frühjahr 2022 unzutreffend war.
Kommentar:
Warum kein Klartext? Die Politiker haben uns belogen!
Ein erster kleiner, aber deutlicher Hinweis, dass das Bundesgesundheitsministerium die RKI-Strategie diktiert, findet sich am 30. März 2022 in den Protokollen. „Anpassung des Papiers der
RKI-Strategie zur Empfehlung von Quarantäne und Isolation liegt dem BMG seit Donnerstag vor. Wurde mit Modifikationen ans RKI zurückgespielt.“
Kommentar:
Ein rauchender Colt!
Deutlich gravierender und folgenreicher war jedoch der Einfluss des Ministeriums bezüglich der Corona-Risikobewertung. Die Risikobewertung gab Auskunft darüber, wie gefährlich das Virus insgesamt
für die Bevölkerung ist. Von der Bewertung des Robert Koch-Institutes hing einiges ab. Wie wir gesehen haben, orientierten sich Gerichte an diesen vermeintlich unparteiischen und unabhängigen
wissenschaftlichen Einschätzungen, wenn es darum ging, die exekutiven Begründungen für Grundrechtseingriffe zu bewerten. Dass von diesen Einschätzungen möglicherweise auch politische Interessen
abhingen, hatte man im Verantwortungsbereich der Dritten Gewalt eigentümlicherweise ausgeblendet.
Kommentar:
Wenn es die Dritte Gewalt gewollt hätte, hätte sie die Aussagen hinterfragen können. Aber sie sollte nicht!
Man muss es deutlich sagen: In den ersten turbulenten Wochen des Jahres 2022, vor allem vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine, gab es ein vitales politisches Interesse an einer breiten
Corona-Furcht in der Bevölkerung, um der Debatte um die allgemeine Impfpflicht den nötigen Schub zu verleihen. Will heißen: Es passte dem größten Verfechter der allgemeinen Impfpflicht nicht so
recht, dass die mildere Omikron-Variante aus fachlicher Sicht eine Herabstufung der Risikobewertung erforderlich machte.
Kommentar:
Es gab kein politisches, sondern ein wirtschaftliches Interesse. Die Verkaufszahlen waren zu niedrig und die Schmiergelder der Pharmaindustrie sollten gesteigert werden. Dafür mussten die
Politiker liefern.
So lesen wir am 9. Februar 2022: „Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist abhängig von der Zustimmung des BMG, voraussichtlich nicht vor der MPK am 16.02.2022. Eine Herabstufung vorher würde
möglicherweise als Deeskalationssignal interpretiert, daher politisch nicht gewünscht. Inhaltliche Überarbeitung und Diskussion werden auf nächste Woche vertagt.“ Aber hatte Lauterbach nicht
erklärt, in die wissenschaftlichen Bewertungen mische sich die Politik nicht ein?
Wenig später, am 25. Februar, wurde man im RKI-Krisenstab unruhig. „Reduzierung des Risikos von sehr hoch auf hoch wurde vom BMG abgelehnt. Text der Risikobewertung ist nicht mehr auf aktuellem
Stand.“ Aber hatte Lauterbach nicht erklärt, das RKI sei nicht weisungsgebunden?
20. April: „In Hinblick auf das BMG sollte die Herabstufung aus strategischen Gründen zunächst auf hoch und nicht moderat erfolgen.“ Aber hatte Lauterbach nicht erklärt, dass das Institut
unabhängig gearbeitet habe?
25. April: „Diskussion der Änderungsvorschläge zur Risikobewertung, Warten auf Rückmeldung des BMG“; „Grundsätzlich ist Minister einverstanden, meldet sich aber noch einmal“. Aber hatte
Lauterbach nicht erklärt, in die wissenschaftlichen Bewertungen mische er sich persönlich nicht ein?
Erst Anfang Mai erfolgte die Herabstufung der Risikobewertung, drei Monate nachdem das RKI die fachliche Notwendigkeit hierfür gesehen hatte. Dass Lauterbach dies nun zuließ, hatte sicherlich
auch einen politischen Grund: Anfang April hatte sich der Deutsche Bundestag zum Glück gegen die allgemeine Impfpflicht entschieden. Obwohl das RKI auf Drängen des BMG den öffentlichen
Pandemie-Druck künstlich hochgehalten hat, war das Thema jetzt politisch erledigt. Der Kanzler erklärte nun, dass es keinen neuen Anlauf zu einer allgemeinen Impfpflicht geben werde. Lauterbach
war gezwungen, die Lüge zu beenden.
Kommentar:
Jetzt wurde mit dem Ukraine-Krieg eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Und die Rüstungindustrie zahlt auch gute Schmiergelder.
Ich muss gestehen: Ich hätte zuvor nicht geglaubt, dass in unserem gewaltengegliederten System ein solcher Vorgang möglich ist. Ein Minister, der offensichtlich eigenständig - gewissermaßen par ordre du mufti - die wissenschaftliche Grundlage für Grundrechtseinschränkungen beschließt, war vorher nicht in meiner Vorstellungswelt. In diesem vom Minister beeinflussten Szenario bewegten sich die Bundestagsabgeordneten, als sie über die allgemeine Impfpflicht zu entscheiden hatten. Wer gutgläubig darauf vertraut hatte, dass die Gefahreneinschätzung des RKI auf Fachlichkeit beruhte, konnte annehmen, dass eine allgemeine Impfpflicht notwendig sei.
Kommentar:
Der Unglaube sollte zu der Erkenntnis führen, dass das gewaltengegliederte System nicht funktioniert. Das Parlament soll die Regierung kontrollieren; in Wirklichkeit kontrolliert die Regierung
das Parlament. Die Gerichte sollen die Bürger vor einem übergriffigen Staat schützen; in Wirklichkeit schützen sie den übergriffigen Staat vor kritischen Bürgern.
Ich bin froh, dass ich mich damals gegen ein solches Unterfangen gestellt habe, kann aber nachvollziehen, wie andere meiner Kollegen zu einer anderen Einschätzung gekommen sind. Ich bin mir
sicher: Hätte das BMG keinen Einfluss auf diese RKI-Einschätzung genommen, sondern wahrheitsgetreu kommuniziert, dass das Risiko unter Omikron signifikant gesunken ist, hätten sich mehr
Abgeordnete gegen die allgemeine Impfpflicht positioniert. Dass politische Entscheidungen von einer solchen Tragweite derart aus einem Ministerium beeinflusst werden, halte ich für einen
Skandal.
Kommentar:
Herr Kubicki glaubt wirklich noch an den Weihnachtsmann! Hätte das BMG keinen Einfluss genommen, wäre die Leitung des RKI direkt von der Pharmaindustrie geschmiert worden.
Die verschiedenen Dimensionen der Corona-Pandemie müssen dringend parlamentarisch aufgearbeitet werden - um künftige Fehler zu vermeiden und um gesellschaftliche Wunden zu heilen. Sollten sich
SPD und Grüne weiter diesem Ansinnen versperren, wird die FDP ihre Teilnahme an einer künftigen Koalition mit dieser Aufarbeitung verknüpfen.
Kommentar:
Warum wäre das nur ein Thema für künftige Koalitionsverhandlungen mit Parteien, die ohnehin keine Chance auf eine parlamentarische Mehrheit hätten. Würde Kubicki diese Aussage ernst nehmen,
müsste er jetzt mit dem Koalitionsbruch drohen.
Aber klar ist für mich schon jetzt: Einem Bundesminister, der die Wahrheit biegt und Grenzen der Wahrheit überschreitet, um ein persönliches politisches Ziel zu erreichen, dabei auch schwerste
Grundrechtseingriffe billigend in Kauf nimmt, kann ich keine parlamentarische Zustimmung mehr geben. Wem die Beachtung der rechtsstaatlichen Ordnung, die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und
Bürger und unsere Verfassung etwas bedeutet, kann diesen Minister in seinem Treiben nicht mehr unterstützen. Karl Lauterbach hat dem Ansehen der Bundesregierung durch sein unverantwortliches
Verhältnis zur Wahrheit schweren Schaden zugefügt und Zweifel an der Lauterkeit staatlichen Handeln genährt. Er muss persönliche Konsequenzen ziehen.
Kommentar:
Der Rücktritt von Lauterbach ist seit mindestens zwei Jahren überfällig. Er wäre aber nur ein Bauernopfer. Die letzte politische Verantwortung hatte der Bundeskanzler. Über Corona hinaus geht es
um eine Vollsanierung des politischen Systems, und hauptsächlich um die Wiederherstellung der Gewaltenteilung. Will Kubicki für die Ampelunion nur retten, was noch zu retten ist?
Am 28.04.2020 haben sich die Professoren Bhakdi, Hockertz, Homburg, Müller und Wallach auf eine gemeinsame Anfrage nach Art. 17 GG an die Fraktionen des Deutschen Bundestages verständigt. Diese
Anfrage wurde dann von 46 Abgeordneten unterstützt und in ihrem Namen als Bürgeranfrage (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/194/1919428.pdf) beim BMG eingereicht. Der AfD-Abgeordnete Hampel
Sagte hierzu: „Hier geht es in erster Linie um die wichtigsten Grundrechte in einer freien demokratischen Gesellschaft. Die fünf Professoren wurden in den vergangenen Wochen in fast allen Medien,
politischen Reaktionen etc. lächerlich gemacht, ausgegrenzt, verleumdet - oder es wurde ihre bis dahin tadellose wissenschaftliche Reputation in Frage gestellt. Wir nähern uns mit rasenden
Schritten DDR-ähnlichen Verhaltensmustern. Mein Mandat verleiht mir und meinen Kollegen das Privileg, Fragen direkt an die Bundesregierung stellen zu dürfen. Wir tun dies stellvertretend für die
fünf Wissenschaftler, um ihrem Bürgerrecht Geltung zu verschaffen.“ (https://afdkompakt.de/2020/05/12/dank-afd-kommen-4-corona-fragen-kritischer-professoren-vor-die-regierung/)
Die Antwort der Regierung vom 04.06.20 auf die Kleine Anfrage hat sich bemüht, mit einer ausreichenden Anzahl von Worten möglichst nichts auszusagen. Deshalb ist vornehmlich zu analysieren, vor
welchen Antworten sich die Regierung herumgedrückt hat. Man kann folgende Antworten herauslesen:
zu Frage 1:
Die Regierung hatte nur die vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten Situationsberichte und sie bestätigt damit die Aussage von Stephan Kohn aus dem Innenministerium, dass es keine
professionelle Entscheidungsvorbereitung gab. Der Lockdown war also ein panischer Schnellschuss!
zu Frage 2:
Die Regierung weicht aus und verweist auf die Übersterblichkeit in Europa, sie hat aber lt. Antwort auf die Frage 3 keine Informationen über die statistische Lebenserwartung von 82jährigen in
Deutschland. Es gibt also keine Rechtfertigung!
zu Frage 3:
Antwort: „Der Bundesregierung liegen keine Informationen … vor…“ - sollten sie aber! Die Regierung räumt also ein, dass sie keine Ahnung hat!
zu Frage 4:
Gefragt wurde nach Lernmotivation und Sozialverhalten und die Bundesregierung antwortet zu Übertragungswahrscheinlichkeiten und Krankheitsverläufen. Aus dieser Antwort folgt, dass ihr die
wirklichen Probleme der Kinder und Jugendlichen egal sind!
Böse Zungen mögen behaupten, dass Kinder keine Wähler sind und die treuesten Wähler von CDU und SPD sind die alten Leute. Sollen nur möglichst viele von ihnen mit aller Gewalt bis zur
Bundestagswahl an Leben gehalten werden, koste es was es wolle?
Die fünf Professoren haben in ihrer Pressemitteilung erwidert: „Die Aussage der Regierung, dass sie keine Informationen hat, ist absolut glaubwürdig. Sie hat nicht nur keine Information, sie hat
auch keine Ahnung! Sie hat sich auch in der ganzen Entscheidungsfindung nie bemüht, Informationen zu bekommen. Die sind z.B. in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes verfügbar.
Daten, die Bürger daraus recherchiert haben, werden von der Regierung als Verschwörungstheorie abgetan.“
(https://www.achgut.com/artikel/corona_aufarbeitung_die_ahnungslosigkeit_der_bundesregierung und https://www.prof-mueller.net/corona/parlament/ - nach unten scrollen)