Anfechtung der Wahl vom 23. Februar 2025

 

Das BSW hat angekündigt, wegen des knappen Ergebnisses die Wahl anfechten zu wollen. Ich habe wegen des faktischen Ausschlusses der Auslandsdeutschen schon am Abend des 23.02.25 gehandelt. Hier der Text meines Einspruchs:

 

Frau
Präsidentin des Deutschen Bundestags
Platz der Republik 1
D - 11011 Berlin

Kopie: Bundeswahlleiterin

23. Februar 2025



Einspruch nach § 2 Abs. 2 WahlPrG gegen die Wertung der Bundestagswahl vom 23.02.2025


Sehr geehrte Frau Bas,

gegen die Wertung der Bundestagswahl vom 23.02.2025 lege ich hiermit Einspruch ein.

G r ü n d e :

§§ 12 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 14 Abs. 2 und 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG sind  mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil die Verfahrensvorschriften dazu führen, dass Deutsche mit einem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland die Fristen nicht einhalten können.

Lt. Eurostat sollen 2024 unter Verwendung älterer Zahlen bei nicht aktuellen Daten 1.274.586 Deutsche im EWR-Ausland + UK gelebt haben, davon 128.049 in Spanien. (https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/migr_pop1ctz__custom_74787/bookmark/table?lang=de&bookmarkId =ddd48787-05f6-4ecf-8eea-b60bb8c294c0). Die Zahl für Spanien halte ich für zu niedrig, weil die spanischen Behörden unter Verletzung des EU-Rechts ausländischen Rentnern die Aufenthaltsgenehmigung mit absurden Begründungen verweigern. Der Grund dürfte darin liegen, dass Spanien den rückkehrenden Gastarbeitern den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung geöffnet hat, und Rentner mit anderer EU-Staatsbürgerschaft nach dem Diskriminierungsverbot ebenfalls aufgenommen werden müssten. Zudem gibt es noch die Deutschen, die nur etwa 8 Monate in Spanien leben (die Vermieter von Ferienwohnungen gewähren dann hohe Rabatte) und ihren Urlaub in Deutschland verbringen, oder die ohne dauernden Aufenthalt mit einem Wohnmobil in Europa unterwegs sind.

Die meisten Auslandsdeutschen äußerten in Gesprächen mindestens als Sekundärmotiv, dass ihr Eigenheim nach dem Auszug der erwachsenen Kinder für sie eigentlich zu groß sei und dass sich die Kinder angesichts der hohen Immobilienpreise kein eigenes Haus mehr leisten können. Deshalb haben viele ihr Haus den Kindern und Enkeln zur Nutzung überlassen. Ein weiterer Grund ist die Befürchtung, Deutschland könnte nach dem Rückzug der USA aus dem Ukraine-Krieg russische Truppen mit deutschen Raketen beschießen lassen, und dann Ziel eines russischen Gegenangriffs werden. Mindestens ein ehemaliger Selbständiger ist nach Spanien ausgewandert, weil er sich die private Krankenversicherung in Deutschland nicht mehr leisten kann. Die Unterschiede sind auch wirklich enorm. Für ein völlig identisches Medikament, für das ich in einer deutschen Apotheke 55 € gegeben habe, musste ich in Spanien nur 9 € zahlen. Ich zahle für meine spanische PKV mit 100-%-Leistung nur die Hälfte wie für die ergänzende deutsche PKV für Beamte mit 30-%-Leistung. Weil die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1970 jetzt in den Ruhestand gehen, wird sich die Zahl der Auslandsdeutschen bald stark erhöhen. Die Jugend der 70er Jahre war abenteuerlustig, und könnte frühere Aussteiger-Träume jetzt ausleben. Die Verstärkung könnte auch für das PKV-Problem gelten, denn die Baby-Boomer waren in den 70er Jahren von Lehrstellenmangel und Jugendarbeitslosigkeit betroffen und in den 80er Jahren von der Akademiker-Arbeitslosigkeit. Sie haben auch viele selbständige Existenzen außerhalb der gesetzlichen Sozialversicherung begründet.

Mindestens die „Zwei-Drittel-Auswanderer“ und die „Wohnmobil-Nomaden“ melden sich im Ausland nicht an, und können dann auch nicht in die Eurostat-Statistik eingehen. Sollten die spanischen Zahlen vom Ausländeramt und nicht von den kommunalen Meldebehörden stammen, wäre die Masse der deutschen Rentner mit Eigentumswohnung und ohne Aufenthaltsgenehmigung auch nicht erfasst. Schon auf der Grundlage der offiziellen Zahlen ohne das spanische Dunkelfeld kann von mindestens 2 Mio. Deutschen im Ausland (weltweit) ausgegangen werden.

Ich lebe seit September 2023 in Spanien. Am 13.01.25 habe ich über das Internet die Briefwahl und die Versendung der Briefwahlunterlagen an das deutsche Konsulat in Malaga beantragt. Aus Rüsselsheim sollen sie am 07.02.25 an das Auswärtige Amt geschickt worden sein. Am 12.02.25 teilte mir das Konsulat in Malaga auf Anfrage mit, dass meine Briefwahlunterlagen noch nicht eingegangen seien und ich umgehen nach dem Zugang informiert würde. Bei einer nochmaligen Nachfrage am 19.02.25 erhielt ich die Antwort, dass die Unterlagen noch immer nicht eingegangen seien, der letzte Kurier für die Rücksendung nach Deutschland aber schon am 18.02.25 abgeflogen sei. Auch am 21.02.25 waren die zwei Wochen zuvor abgeschickten Briefwahlunterlagen noch immer nicht in Malaga eingetroffen.

Angesichts dieser persönlichen Erfahrungen mit der praktischen Unmöglichkeit zur Teilnahme an der Wahl ist davon auszugehen, dass die große Mehrheit der Auslandsdeutschen bei dieser Bundestagswahl von seinem Wahlrecht ausgeschlossen wurde. Dabei hatte die Bundesregierung auf https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/2693378-2693378 mit dem Hinweis geworben: „Um sicherzustellen, dass die Wahlunterlagen schnellstmöglich wieder in Deutschland ankommen, öffnet das Auswärtige Amt den amtlichen Kurierweg und setzt Sonderkuriere ein, wo dies aufgrund der Postlaufzeiten oder der Unzuverlässigkeit des örtlichen Postsystems erforderlich ist.“ Böse Zungen mögen spekulieren, dass das angesichts der feindseligen Haltung der grünen Außenministerin gegenüber alten weißen Männern, die zusätzlich noch bio-deutsch und heterosexuell sind, Absicht war. 2 Mio., zusätzliche Stimmen hätten das Wahlergebnis verändern können. Auf https://www. tagesschau.de/inland/bundestagswahl/wahlsystem/wahlrecht-auslandsdeutsche-100.html und https:// www.tagesschau.de/ausland/asien/bundestagswahl-stimmabgabe-ausland-probleme-100.html wurde über diesen Missstand berichtet. Auch der deutsche Botschafter in London schrieb auf Twitter/X: „Bei der #Bundestagswahl können viele Deutsche im Ausland ihr Wahlrecht nicht ausüben. Fristen wurden zu knapp kalkuliert, die Verfahren sind zu bürokratisch. Eine Reform ist dringend notwendig."
 
Es handelt sich um eine gravierende Panne als das Chaos in Berlin bei der Bundestagswahl 2021. Dieser Vorgang erfordert eine Wahlwiederholung, oder eine Nachwahl. Mindestens müssen die Auslandsdeutschen, die durch das Versagen der Bürokratie an ihrer Stimmabgabe gehindert wurden, die Möglichkeit zu einer nachträglichen Stimmabgabe erhalten. Bei dieser Minimallösung wären in Bezug auf das Wahlgeheimnis Abstriche zu machen. Die Masse der Wähler würde es aber vorziehen, nur eingeschränkt geheim wählen zu können, statt gar nicht. Zudem könnte jeder Auslandsdeutsch diese Abwägung selbst treffen.

Für die Zukunft sollte, wenn man die Anregung des deutschen Botschafters in London aufgreift, § 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG dahingehend geändert werden, dass der Eingang eines Wahlbriefes bei einer deutschen Auslandsvertretung für die Wertung der Stimmabgabe genügt. Ein Briefwähler in Deutschland, der z.B. wegen Gebrechlichkeit nicht ins Wahllokal kommen kann, kann seinen Wahlbrief noch am Wahltag von einem Angehörigen bei der Stadtverwaltung einwerfen lassen. Wird von einem Auslandsdeutschen der rechtzeitige Zugang bei einem entlegenen Wahlamt in Deutschland verlangt, wird ein ungleicher Sachverhalt gleich behandelt und damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

Noch besser wäre es, wenn deutschen Auslandsvertretungen zu Stimmbezirken gemacht würden, die dann konkreten deutschen Wahlkreisen zugeordnet werden könnten. Optimal wäre aber, wenn zusätzliche Wahlkreise für die Auslandsdeutschen gebildet würden, aus denen diese Gruppe dann auch mit eigenen Direktmandaten im Parlament vertreten wäre. Mit der Pflicht, sich an seinem früheren Wohnort in das Wählerverzeichnis eintragen zu lassen, wird auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Ein Bürger, der im Inland umzieht, wählt an seinem neuen Wohnort Kandidaten aus diesem Wahlkreis und dieser Landesliste. Bei 2 Mio. Auslandsdeutschen würde der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz eigentlich verlangen, dass sie eine eigene Parlamentarische Vertretung bekommen. Das Land Bremen hat wesentlich weniger Einwohner, eigene Landeslisten und drei Wahlkreise.  

§ 12 Abs. 2 BWahlG definiert die Auslandsdeutschen nicht zutreffend. Wer im Ausland seinen Hauptwohnsitz und in Deutschland eine Nebenwohnung hat, wäre zusätzlich als Auslandsdeutscher zu definieren, obwohl er auch im Inland nach § 12 Abs. 1 BWahlG wahlberechtigt ist.

Mir ist bewusst, dass über diesen Einspruch erst vom nächsten Bundestag entschieden würde. Sie können aber schon jetzt mit der Aufklärung des Sachverhalts beginnen. Es wäre über die Bundeswahlleiterin bei den lokalen Wahlämter abzufragen, wie viele Wahlbriefe im Ausland verschickt wurde, und wie viele bis zum Wahltag zurückgeschickt wurden. Zusätzlich wäre aber zu berücksichtigen, dass Auslandsdeutsche angesichts der knappen Fristen eine Wahlteilnahme von Anfang an als unrealistisch betrachtet und keine Briefwahlunterlagen beantragt haben. Um diese Größe einschätzen zu können, sollten zusätzlich zu den aktuellen Zahlen auch die Vergleichszahlen für die letzten beiden bundesweiten Wahlen abgefragt werden. Damals war die Teilnahme an der Wahl wegen ausreichend langer Fristen durchführbar.  

Als Grundlage für mögliche Änderungen des BWahlG wäre auch eine Statistik hilfreich, wie sich bei den letzten 3 bundesweiten die Altersstruktur der Nichtwähler dargestellt hat, z.B. nach den Alterskohorten unter 30, 30-60 und ab 60. Eine deutlich höhere Nichtwähler-Quote in der Ü60-Gruppe der Ballungszentren würde auf eine hohe Zahl von Auslandsdeutschen mit inländischer Wohnung hindeuten, denn hier ist das Motiv der Überlassung des Eigenheimes sehr wichtig. Ein starker Anstieg bei der Wahl 2025 würde diese These stärken.

Ich bitte Sie also, bereits in Ihrer verbleibenden Amtszeit die Ermittlung des Sachverhalts einzuleiten, damit ein Wahlprüfungsausschuss nach der Konstituierung des nächsten Bundestags zügig mit seiner Arbeit beginnen kann. Der Bundeswahlleiterin wurde eine Kopie dieses Schreibens übermittelt, damit sie aus eigener Zuständigkeit prüfen kann, ob ein gültiges Wahlergebnis vorliegt. Unabhängig davon wird angeregt, unter Berücksichtigung meiner Beobachtungen zunächst den Umfang des Problems durch das Statistische Bundesamt zu ermitteln und es dabei nicht kleinzurechnen.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Werner Müller