neben dem Einspruch gegen das Wahlergebnis (nach unten scrollen) habe ich auch eine Verfassungsbeschwerde gegen das Bundeswahlgesetz eingereicht. Hier der Wortlaut:
Bundesverfassungsgericht
Postfach 1771
76006 Karlsruhe
Alemania
12. März 2025
V e r f a s s u n g s b e s c h w e r d e
von Prof. Dr. Werner Müller, ... 04740 Roquetas de Mar, Spanien
- Beschwerdeführer -
gegen
§§ 12 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 14 Abs. 2 und 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen §§ 12 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 14 Abs. 2 und 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG, soweit im Ausland wohnende Wahlberechtigte nur in Deutschland wählen können. Es wird
die Feststellung beantragt, dass §§ 12 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 14 Abs. 2 und 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG insoweit mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3
Abs. 1 GG nicht vereinbar sind und die Beschränkung damit nichtig ist.
S a c h v e r h a l t :
Am 06.11.24 kündigte der Bundeskanzler an, vorzeitige Neuwahlen herbeiführen zu wollen. Am 16.12.24 erhielt sein Antrag an den Deutschen Bundestag, ihm das Vertrauen auszusprechen, keine
Mehrheit. Am 27.12.24 ordnete der Bundespräsident gem. Art. 68 Abs. 1 GG für den 23.02.25 Neuwahlen an, für die die verkürzten Fristen des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 GG galten. Diese reichten nicht
aus, damit Deutsche aus dem Ausland an der Wahl teilnehmen konnten.
Es war für die Regierung seit dem Sommer 24 erkennbar, dass es angesichts der Spannung in der Ampelkoalition auch zu vorgezogenen Neuwahlen kommen konnte, und dass die Fristen für die Wahl im
Ausland zu kurz sind. Es hätte für diesen Fall mindestens ein Gesetzentwurf zur Sicherstellung der Wahlen im Ausland mit den nötigen Verwaltungsanweisungen in der Schublade liegen müssen, der
nach der Vertrauensfrage wohl auch schnell beschlossen worden wäre. Das haben Regierung und Parlament versäumt.
Weil das Grundgesetz das Wahlrecht nicht von einem inländischen Wohnort abhängig macht, sind die Auslandsdeutschen wahlberechtigt. Es handelt sich nicht um eine gnädige Erlaubnis der Regierung,
auch sie wählen zu lassen. Deshalb musste der Gesetzgeber auch im Fall einer vorgezogenen Wahl eine praktikable Regelung treffen, um den Auslandsdeutschen das Wahlrecht nicht nur auf dem Papier
zu gewähren, sondern auch in der Realität. Bei einer vorgezogenen Wahl ist die Frist von zwei Wochen für eine Briefwahl zu kurz. Eine Wahl in den Auslandsvertretungen ist nicht zulässig. Ein
Brief aus Deutschland nach Spanien braucht 7 bis 10 Tage. Am 04.03.25 hat der Beschwerdeführer einen Brief einer deutschen Behörde vom 18.02.25 erhalten, der also über 14 Tage benötigte. Bereits
im Sommer 2024 war das Knirschen in der Ampelregierung zu hören. Die Regierung hätte dann einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf in der Schublade haben müssen, um die Wahl z.B. durch die Einrichtung
von Wahllokalen in den Konsulaten auch im Ausland zu gewährleisten. Dieser Pflicht sind Regierung und Parlament nicht nachgekommen.
Vor der Bundestagswahl hatte die Bundesregierung am 14.01.25 auf https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/2693378-2693378 verkündet: „Um sicherzustellen, dass die Wahlunterlagen
schnellstmöglich wieder in Deutschland ankommen, öffnet das Auswärtige Amt den amtlichen Kurierweg und setzt Sonderkuriere ein, wo dies aufgrund der Postlaufzeiten oder der Unzuverlässigkeit des
örtlichen Postsystems erforderlich ist.“ Es wurde dann eine Liste von Botschaften Konsulaten veröffentlicht, die daran teilnahmen. Diese Erklärung war keine freiwillige Leistung, sondern das
Mindestmaß an Konsequenzen, die sich aus der versäumten Regelung für Deutsche im Ausland ergab. Die Nutzung des diplomatischen Kurierdiensts für den Transport der Briefwahlunterlagen in die
Auslandsvertretungen und von Sonderkurieren für den Rücktransport der Briefwahlumschläge wäre eine faktische Wahl in den beteiligten Auswahlvertretungen gewesen, und sie hätte bei einer
sorgfältigen Durchführung das Regelungsdefizit kompensieren weitgehend können. Die Sicherstellung hat aber nicht funktioniert. Z.B. auf https://www.tagesschau.de/
inland/bundestagswahl/wahlsystem/wahlrecht-auslandsdeutsche-100.html und https://www. tagesschau.de/ausland/asien/bundestagswahl-stimmabgabe-ausland-probleme-100.html wurde über diesen Missstand
berichtet. Selbst der deutsche Botschafter in London schrieb auf Twitter/X: „Bei der #Bundestagswahl können viele Deutsche im Ausland ihr Wahlrecht nicht ausüben. Fristen wurden zu knapp
kalkuliert, die Verfahren sind zu bürokratisch. Eine Reform ist dringend notwendig."
Lt. Pressemitteilung der Bundeswahlleiterin Nr. 23/25 vom 21. Februar 2025 sollen sich 213.255 Deutsche ohne Wohnsitz im Inland für die Wahl ins Wählerverzeichnis eingetragen haben. Hinzu kommen
noch die Deutschen mit einer Nebenwohnung in Deutschland, die deshalb automatisch schon ins Wählerverzeichnis eingetragen waren. Bis zum Abend des 20.02.25 sind nur knapp 9.000 Wahlbriefe, also
4,2 % vom Auswärtigen Amt rechtzeitig für eine Weiterleitung an die lokalen Wahlämter durch die Sonderkuriere zurückgekommen (https://www.mdr.de/nachrichten/
deutschland/bundestagswahl-auslandsdeutsche-briefwahl-unterlagen-bundeswahlleiterin-100.html).
Das Auswärtige Amt schätzt, dass ca. 3 bis 4 Mio. Deutsche im Ausland leben. Lt. Eurostat sollen 2024 unter Verwendung älterer Zahlen bei nicht aktuellen Daten 1.274.586 Deutsche im
EWR-Ausland + UK gelebt haben, davon 128.049 in Spanien. (https://ec.europa.eu/eurostat/
databrowser/view/migr_pop1ctz__custom_74787/bookmark/table?lang=de&bookmarkId=ddd48787-05f6-4ecf-8eea-b60bb8c294c0). Die Zahl für Spanien hält der Beschwerdeführer für viel zu niedrig,
bereits die zwei Inseln Mallorca und Teneriffa kommen zusammen auf diese Größenordnung. Der Grund sieht er darin, dass die spanischen Behörden unter Verletzung des EU-Rechts ausländischen
Rentnern die Aufenthaltsgenehmigung mit absurden Begründungen verweigern. Das dürfte darin liegen, dass Spanien den rückkehrenden Gastarbeitern den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung
geöffnet hat, und Rentner mit anderer EU-Staatsbürgerschaft nach dem Diskriminierungsverbot ebenfalls aufgenommen werden müssten.
Weiter gibt es noch die Deutschen, die nur etwa 8 Monate in Spanien leben (die Vermieter von Ferienwohnungen gewähren dann hohe Rabatte) und ihren Urlaub in Deutschland verbringen, oder die ohne
dauernden Aufenthalt mit einem Wohnmobil in Europa unterwegs sind. Mindestens diese „Zwei-Drittel-Auswanderer“ und die „Wohnmobil-Nomaden“ melden sich im Ausland nicht an, und können dann auch
nicht in die Eurostat-Statistik eingehen. Deutsche Rentner ohne Aufenthaltsgenehmigung melden sich dagegen bei der Gemeinde an, wenn sie eine Immobilie kaufen und die erhöhte Grunderwerbsteuer
für Zweitwohnungen und die Zweitwohnungssteuer vermeiden wollen. Sollten die spanischen Zahlen vom Ausländeramt und nicht von den kommunalen Meldebehörden stammen, wäre die Masse der deutschen
Rentner mit Eigentumswohnung und ohne Aufenthaltsgenehmigung auch nicht erfasst. Die Schätzung des Auswärtigen Amtes mit einer Zahl von 3-4 Mio. kann deshalb als realistisch eingeschätzt
werden.
Der Beschwerdeführer lebt seit September 23 in Spanien. Am 13.01.25 hat er über das Internet die Briefwahl und die Versendung der Briefwahlunterlagen an das deutsche Konsulat in Malaga beantragt.
Aus Rüsselsheim sollen sie am 07.02.25 an das Auswärtige Amt geschickt worden sein. Am 12.02.25 teilte ihm das Konsulat in Malaga auf Anfrage mit, dass seine Briefwahlunterlagen noch nicht
eingegangen seien und er umgehend nach dem Zugang informiert würde. Bei einer nochmaligen Nachfrage am 19.02.25 erhielt er die Antwort, dass die Unterlagen noch immer nicht eingegangen seien, der
letzte Kurier für die Rücksendung nach Deutschland aber schon am 18.02.25 abgeflogen sei. Erst am 04.03.25, 10 Tage nach der Wahl, hat der Beschwerdeführer die Briefwahlunterlagen erhalten. Mit
dieser Zustellung der Entscheidung, dass der Beschwerdeführer nicht an der Wahl teilnehmen könne, beginnt die Monatsfrist nach § 93 Abs. 1 BVerfGG am 05.03.25. Die Anweisung des Wahlamts, den
Brief an das Konsulat in Málaga zu schicken, wurde vom Auswärtigen Amt ignoriert.
Angesichts dieser persönlichen Erfahrungen mit der praktischen Unmöglichkeit zur Teilnahme an der Wahl ist davon auszugehen, dass die große Mehrheit der Auslandsdeutschen bei dieser
Bundestagswahl von seinem Wahlrecht ausgeschlossen wurde. Es handelt sich um eine gravierende Panne als das Chaos in Berlin bei der Bundestagswahl 2021.
Durch diese Vorgänge wurde der Beschwerdeführer durch staatliches Handeln bzw. Unterlassen faktisch von der Wahl ausgeschlossen. Am 23.02.25 hat der Beschwerdeführer Einspruch gegen die Wahl zum
Deutschen Bundestag vom 23. Februar 2025 eingelegt, die unter dem Aktenzeichen WP 13/25 geführt wird.
Z u l ä s s i g k e i t :
Durch die Verhinderung seiner Teilnahme an der Bundestagswahl vom 23.02.25 wurde der Beschwerdeführer, der deutscher Staatsbürger, über 18 Jahre alt und wahlberechtigt ist, in seinem
Wahlrecht nach Art. 38 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Im Übrigen ist für die Zulässigkeit nur erforderlich, dass die Verletzung des Wahlrechts behauptet wird. Die Prüfung der Richtigkeit dieser
Behauptung ist eine Frage der Begründetheit.
Es handelt sich um keine abstrakte, sondern um eine konkrete Normenkontrolle. Der Beschwerdeführer wurde durch die Anwendung der §§ 16 Abs. 2 Nr. 2, 18 Abs. 5 und 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG an der
Ausübung seines aktiven Wahlrechts gehindert. Gegen das als Realakt und nicht als Verwaltungsakt einzuschätzende Verwaltungshandeln des Auswärtigen Amts war kein Rechtsmittel zulässig. Das gilt
erst Recht für das Versäumnis des Deutschen Bundestags, das Wahlrecht verfassungskonform zu regeln. Der Rechtsweg ist damit ausgeschöpft. Die Verfassungsbeschwerde ist demnach zulässig.
Beweis für das Wahlrecht:
Kopie des Personalausweis des Beschwerdeführers
(im Verfahren 2 BvR 1523/23 hat das Gericht die Beschwerden von 4.239 Beschwerdeführern als unzulässig zurück-gewiesen, weil sie ihre Wahlberechtigung nicht nachgewiesen hatten.
Einer vergleichbaren Entscheidung soll hiermit vorgebeugt werden.)
Sollte die Verwaltung des Gerichts - wie bei nichtprominenten Beschwerdeführern üblich - den Vorgang ins Allgemeine Register eintragen wollen, so wird bereits jetzt die Entscheidung durch das
Gericht beantragt.
Sollte die Kammer beabsichtigen - wie bei nichtprominenten Beschwerdeführern üblich - die Beschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen, wird darauf hingewiesen, dass die Kammer einer
Verfassungsbeschwerde mit einem einstimmigen Beschluss auch stattgeben kann. Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig und die Verletzung des Wahlrechts ist offensichtlich. Ein aufwendiges
Verfahren ließe sich auch auf diesem Weg vermeiden.
Eine schnelle Entscheidung könnte zudem die Arbeit des Wahlprüfungsausschusses erleichtern und eine Klage vermeiden helfen.
G r ü n d e :
§§ 12 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 14 Abs. 2 und 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG sind mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil die
Verfahrensvorschriften dazu führen, dass Deutsche mit einem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland die Fristen im Fall einer vorgezogenen Bundestagswahl nicht einhalten können. Auf die
Darstellung des Sachverhalts wird verwiesen.
Art. 38 GG knüpft das Wahlrecht nur an die Staatsangehörigkeit und ein Mindestalter von 18 Jahren. Ein Wohnsitz im Inland wird nicht verlangt. Das hätte auch anders geregelt werden können, ist es
aber nicht. Deshalb ist der Gesetzgeber in der Pflicht, das Wahlrecht der Deutschen im Ausland zu gewährleisten. Wie er das macht, ist ihm überlassen. Er muss nur gewährleisten, dass das
Wahlrecht nicht nur auf dem Papier steht, sondern unter zumutbaren Bedingungen ausgeübt werden kann. An das Merkmal der Zumutbarkeit dürfen auch höhere Anforderungen gestellt werden als im
Inland.
Grundsätzlich ist die Briefwahl ein geeigneter Weg, wenn die Fristen dafür ausreichen. Das Gesetz hätte auch vorsehen können, dass in den deutschen Auslandsvertretungen gewählt wird. Es gibt kein
Grundrecht auf Briefwahl, es gibt aber ein verfassungsmäßiges Recht auf irgendeine zumutbare Teilnahme an der Wahl. Unzumutbar ist, dass die Deutschen an ihren früheren Wohnort reisen müssen. Die
Fahrt zu einem ggf. auch weitere entfernten Konsulat oder das Porto für den Wahlbrief wären dagegen zumutbar.
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit könnten sich auch die Staatsorgane darauf berufen, dass sie nicht an jedem auch entlegenen Ort der Welt eine ordnungsgemäße Wahl garantieren könnten.
Das kann aber für den Wohnort des Beschwerdeführers nicht gelten, denn hier gibt es sogar einen Honorarkonsul. Hier leben etwa 200-300 Deutsche in eigenen oder gemieteten Wohnungen. Es gibt eine
deutsche Kirchengemeinde und einen deutschen Verein. Weiter waren im Februar zwei Campingplätze vollständig belegt und auf drei strandnahen Parkplätzen und auf den Parkstreifen vieler Straßen
befanden sich „wilde Campingplätze“, die zu geschätzt 60 % von Deutschen bevölkert wurden. Auf dieser Grundlage kann von zusätzlich anwesenden 300 deutschen Wohnmobil-Nomaden ausgegangen werden.
Diese Zahlen hätten die Einrichtung eines Wohllokals im Konsulat gerechtfertigt; unter den ständig hier lebenden Deutschen hätten sich auch ausreichend Wahlhelfer finden lassen. Im Fall des
Beschwerdeführers kann sich die Regierung also nicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berufen.
Das Ausmaß des Regelungsdefizits ist erheblich. Wenn sich bei ca. 3,5 Mio. Auslandsdeutschen nur 213.255 Personen für die Teilnahme an der Bundestagswahl angemeldet hatten, dann waren das
ca. 6 % bei einer Wahlbeteiligung von insgesamt 82,5 %. Das vom deutschen Botschafter in London als zu bürokratisch bezeichnete Verfahren muss also schon lange vor der Wahl zu einer faktischen
Wahlverhinderung geführt haben. Daraus ist zu schließen, dass die angegriffenen Regelungen des BWahlG den an sie zu stellenden Anforderungen nicht ansatzweise genügen.
Der geringe Rücklauf von nur 9.000 Wahlbriefen (4,2 % von 213.255) ist ein Indiz für eine konkrete Wahlverhinderung durch eine bestenfalls unfähige Bürokratie. Sollte sich herausstellen,
Amtsträger ihre Garantenstellung bedingt-vorsätzlich missachtet und die Wahl dadurch gestört hätten, wäre der Vorgang auch von der Staatsanwaltschaft zu prüfen. Mindestens könnte die Lücke von
95,8 % nicht mit Einzelfällen erklärt werden.
K o n s e q u e n z e n :
Aus der Feststellung der Unvereinbarkeit von §§ 16 Abs. 2 Nr. 2, 18 Abs. 5 und 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG sind mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.
3 Abs. 1 GG ergeben sich noch keine unmittelbaren Konsequenzen. Über eine mögliche Wiederholung der Bundestagswahl muss in einem Wahlanfechtungsverfahren entschieden werden. Es wäre nicht
undenkbar, dass ein Sondergesetz die nachträgliche Wahl der Auslandsdeutschen regeln und die Mängel der Wahl vom 23.02.25 heilen könnte. Dafür müssten dann aber wohl wegen des Rückwirkungsverbots
die Auslandsdeutschen, die gegen die Wahl Einspruch eingelegt haben, ihre Einsprüche zurückziehen. Das würde eine intensive Kommunikation zwischen dem Wahlprüfungsausschuss und den
Betroffenen erfordern.
Für die Zukunft muss, wenn man die Anregung des deutschen Botschafters in London aufgreift, mindestens § 36 Abs. 1 Satz 1 BWahlG dahingehend geändert werden, dass der Eingang eines Wahlbriefes
bei einer deutschen Auslandsvertretung für die Wertung der Stimmabgabe genügt. Ein Briefwähler in Deutschland, der z.B. wegen Gebrechlichkeit nicht ins Wahllokal kommen kann, kann seinen
Wahlbrief noch am Wahltag von einem Angehörigen bei der Stadtverwaltung einwerfen lassen. Wird von einem Auslandsdeutschen der rechtzeitige Zugang bei einem entlegenen Wahlamt in Deutschland
verlangt, wird ein ungleicher Sachverhalt gleich behandelt und damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
Besser wäre es, wenn die deutschen Auslandsvertretungen zu Stimmbezirken gemacht würden, die dann in einer Verordnung konkreten deutschen Wahlkreisen zugeordnet werden könnten. Optimal wäre aber,
wenn wie in anderen Ländern zusätzliche Wahlkreise für die Auslandsdeutschen gebildet würden, aus denen diese Gruppe dann auch mit eigenen Direktmandaten im Parlament vertreten wäre. Mit der
Pflicht, sich an seinem früheren Wohnort in das Wählerverzeichnis eintragen zu lassen, wird auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Ein Bürger, der im Inland umzieht, wählt an
seinem neuen Wohnort Kandidaten aus diesem Wahlkreis und dieser Landesliste. Bei 3-4 Mio. Auslandsdeutschen würde der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz eigentlich verlangen, dass sie eine
eigene parlamentarische Vertretung bekommen. Das Land Bremen hat wesentlich weniger Einwohner, eigene Landeslisten und drei Wahlkreise. Aktuell ist die Datenbasis für einen konkreten Vorschlag
aber unzureichend.
§ 12 Abs. 2 BWahlG definiert die Auslandsdeutschen nicht zutreffend. Wer im Ausland seinen Hauptwohnsitz und in Deutschland eine Nebenwohnung hat, wäre zusätzlich als Auslandsdeutscher zu
definieren, obwohl er auch im Inland nach § 12 Abs. 1 BWahlG wahlberechtigt ist. Bei Stimmbezirken oder eigenen Wahlkreisen im Ausland müsste der Bürger dann die Möglichkeit, haben, sich für die
Wahlen im Inland ab- und im Ausland anzumelden. Die ausländischen Wählerlisten hätten dann den positiven Nebeneffekt, dass die diplomatischen Vertretungen einen besseren Überblick über die in
ihrem Zuständigkeitsbereich lebenden Deutschen bekämen und dass die Bindungen der Auslandsdeutschen zum Mutterland gestärkt werden könnten.
Hierzu ist aber der Gesetzgeber in der Pflicht. Diese Verfassungsbeschwerde und ein darauf beruhender Beschluss oder ein Urteil können nur Anregungen geben.