In dem abgehörten und veröffentlichten Gespräch hoher Luftwaffenoffiziere über die Möglichkeit zu einem Angriff auf die Krim-Brücke bei Kertsch mit deutschen Marschflugkörpern gibt es einen Prolog, der einem Angst machen kann. Wird Deutschland in militärische Abenteuer der USA in Asien und Mittelamerika hineingezogen? Hierzu habe ich im Blog für Wissenschaft und Politik von Dr. Peter Mayer (tkp.at) einen Beitrag geschrieben und einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz an das Bundesministerium der Verteidigung gerichtet. Beide Texte werden hier dokumentiert.
Bundesministerium der Verteidigung
Referat R I 1
Stauffenbergstraße 18
10785 Berlin
Fax: +49 (0) 30 2004-53810
E-Mail:
BMVgRI1@bmvg.bund.de
Antrag auf einfache Auskunft i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 2 IFG
Sehr geehrte Damen und Herren,
hier mit betantrage ich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz - IFG die Beamtwortung folgender Fragen im Rahmen einer einfachen Auskunft i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 2 IFG:
Welches Land betriff der Plan, von dem General Gräfe ausweislich des Mitschnitts des Gesprächs vom 19.02.24, veröffentlicht am 01.03.24 auf
https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/197981-angriffsplaene-auf-krimbruecke-transkript-gespraechs/ zwischen Minute 3:40 und 4:30, dem US-General Kevin B. Schneider, Commander der Pacific Air
Forces der USA, Mitte Februar 2024 in Singapur „schon mal erzählt hat“ und den er ihm bei einem späteren Besuch ausführlich vorstellen wollte (Gräfe-Plan)?
Was war das genaue geografische Ziel der Dienstreise von Oberstleutnant Florstedt (oder Fenske/Venske), die dieser nach seiner Aussage an gleicher Stelle schon „in der Tüte“ hatte?
Was war das genaue geografische Ziel der Dienstreise, die Oberstleutnant Florstedt (oder Fenske/Venske) erst beantragt hatte und das General Gräfe als „Comalatra“ bezeichnete?
G r ü n d e :
Anfang März sah ich in Mittelamerika in den Fernsehnachrichten Berichte über ein abgehörtes Gespräch hoher Offiziere der Bundesluftwaffe vom 19.02.24 über Pläne zu einem Angriff mit deutschen
Marschflugkörpern auf die Krimbrücke. Nach den Medienberichten wurde Gereral Gräfe in Singapur vom chinesische Geheimdienst abgehört, der die Aufzeichnung an den russischen Dienst und dieser an
die Presse weitergegeben hat. Darauf las ich mir das Protokoll (siehe https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/197981-angriffsplaene-auf-krimbruecke-transkript-gespraechs/) durch und hörte mir den
Audio-Mitschnitt an. Dabei hat ein Smal-Talk der übrigen drei Teilnehmer vor der Zuschaltung von General Gerhartz bei mir einige Fragen aufgeworfen. Sie hätten auch über ihre Familien oder die
Fußballbundesliga sprechen können. Der Inhalt muss also nichts mit der Krim-Brücke zu tun haben.
General Gräfe berichtete den beiden Kollegen, mit denen er per Du war, über einen Plan, von dem er US-General Kevin B. Schneider, Commander der Pacific Air Forces der USA, jetzt in Singapur schon
mal erzählt habe. Der hätte ihn - erst zwei Wochen im Amt - aber nicht verstanden, müsse er in dieser Sache nochmal zu ihm reisen. Schneider ist für den Pazifik und nicht für die Ukraine
zuständig. Gräfe bezeichnete ihn als „unseren Plan“. Florstedt und Fenske (oder Venske) sind anscheinend Experten für den Einsatz von Marschflugkörpern, die Offensivwaffen darstellen. Das
Interesse des chinesischen Geheimdienstes für den Kontakt von General Schneider deutet darauf hin, dass China einen Bezug zu Taiwan vermutet.
Materiell kann man Taiwan als eigenständig ansehen. Allerdings hat Taiwan nicht die Unabhängigkeit von China erklärt und erhebt formal als „Republic of China“ einen Alleinvertretungsanspruch für
ganz China. Deutschland hat aber die Volksrepublik China als Vertretung ganz Chinas anerkannt; eine Anerkennung Taiwans als eigenständiger Staat gibt es nicht und sie wäre mangels
Unabhängigkeitserklärung auch nicht möglich. Das bedeutet, dass China eine militärische Unterstützung Deutschlands für die Regierung in Taipeh mit Ofensivwaffen als militärischen Angriff der
Bundesrepublik Deutschland auf die Volksrepublik China werten könnte. Das Grundgesetz wie auch das VStGB verbieten aber die Vorbereitung eines Angriffskrieges.
Es wäre weniger wahrscheinlich aber auch möglich, dass der Plan von Gerenal Gräfe und Kollegen einen Angriff auf Standorte von Atomwaffen in Nordkorea zum Gegenstand haben könnte. Formal befinden
sich die USA und Nordkorea im Krieg. Die Bundesrepublik Deutschland und die Koreanische Demokratische Volksrepublik haben aber diplomatische Beziehungen und zwischen beiden Staaten herrscht
Frieden. Eine Unterstützung der USA bei der Vorbereitung von Angriffsplänen durch die deutsche Luftwaffe wäre also auch eine Vorbereitung eines Angriffskrieges. Zudem liegt Korea außerhalb des
NATO-Gebietes.
Die Geheimhaltung des „Gräfe-Planes“ liegt also nicht im Sicherheitsinteresse der Bundesrepublik Deutschland und er ist auch nicht Gegenstand eines Militärbündnisses. Es liegen also keine Gründe
nach § 3 Nr. 2 und 3 IFG vor. Man kann durchaus einräumen, dass das Bekanntwerden des Gesprächs vom 19.02.24 und seines Inhalts nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen i.S.v.
§ 3 Nr. 1 IFG hatte. Dieser Inhalt ist aber bereits öffentlich. Die davon provozierten und in sich logsichen Spekulationen über den möglichen Inhalt des Gräfe-Planes können diese negativen
Auswirkungen noch verstärken, und eine Veröffentlichung seines Inhalts könnte denen ggf. entgegenwirken. Sie sollten deshalb prüfen, ob Sie neben einer Antwort auf meine einfache Frage nicht den
Plan ganz oder teilweise offenlegen können.
Unmittelbar nach seinen Aussagen zum Treffen mit General Schneider fragte General Gräfe Oberstleutnant Florstedt (evtl. auch Fenske/Venske) nach dem Stand eines Dienstreiseantrags. Dieser
antwortete, er habe „alles in Tüten“. Der Zuhörer vermutet, dass es sich um eine Dienstreise im Zusammenhang mit dem Gräfe-Plan handeln muss. Darauf antwortete General Gräfe, dass er eine andere
Reise meine und auf die Frage von Florstedt „Welche Dienstreise meinst du jetzt?“ antwortete Gräfe etwas undeutlich mit Comalatra; die Schreibweise kann aus dem Audio-Mitschnitt nicht erkannt
werden. RT-DE bezeichnet den Namen mit „unverständlich“ Aus dem anfänglichen Missverständnis bezüglich des Reisezieles ergibt sich aber, dass kein Zusammenhang mit dem Gräfe-Plan bestehen dürfte
und dass das Ziel dann auch nicht in Asien liegen muss. Auf https://tkp.at/2024/03/14/deutsche-luftwehr-in-el-salvador/ habe ich die Vermutung geäußert, dass es sich um den US-Stützpunkt Comalapa
in El Salvador handeln könne. Die logische Schlussfolgerung ist dann, dass ein deutscher Experte für den Einsatz von Marschflugkörpern nicht El Salvador, mit dem Deutschland kein Militärbündnis
abgeschlossen hat, bei seiner Landesverteidigung unterstützt, sondern dass eine Militäraktion gegen ein Nachbarland von El Salvador, z.B. Nicaragua, vorbereitet werden kann. Auch die Hilfe bei
einer solchen Planung wäre die Vorbereitung eines Angriffskrieges.
Die rechtliche Einordnung ist die gleiche wie beim Gräfe-Plan. Es geht nicht um deutsche Sicherheitsinteressen und die drei Dienstreisen des Oberstleutnants sind bereits öffentlich. Vor dem
Hintergrund der Klage Nicaraguas gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord würde eine deutsche Beteiligung an einer Militäraktion gegen Nicaragua aber eine besondere
Brisanz haben. Sollte sich Deutschland nicht an der Vorbereitung eines Angriffskrieges gegen Nicaragua beteiligten, wäre es zu Vermeidung negativer Auswirkungen auf die internationalen
Beziehungen sehr wichtig, zuzsätzlich zu einer Antwort auf meine Fragen diesen Vorgang vollständig offenzulegen.
Es wird weiter betont, dass die bloße Nennung des Landes, den der Gräfe-Plan betrifft und der Reiseziele von Oberstleutnant Florstedt mit Ort und Land keine militärischen Geheimnisse
offenbart.
Es macht mir große Sorgen, dass Deutschland anscheinend nicht nur immer tiefer in den Ukraine-Krieg hineingezogen wird, sondern offenbar auch in weitere militärische Abenteuer der USA in Teilen
der Welt, die unser Land nichts angehen. Als besorgter deutscher Staatsbürger, der aus dieser Sorge seinen Wohnsitz schon einmal in eine sichere Entfernung verlegt hat, auch um seinen Kindern im
Ernstfall eine Zuflucht anbieten zu können, habe ich ein berechtigtes Interesse zu wissen, ob sich mein Land - wie es derzeit aussieht - an der Vorbereitung völkerrechtswidriger
Angriffskriege beteiligt.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Werner Müller
Darauf antwortete das Bundesministerium der Verteidigung am 02.05.24. Der Verfasser hat diese Antwort am 13.05.24 erhalten.
Antwort zu 1:
Es liegen keine antragsgegenständlichen amtlichen Informationen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteiligung (BMVg) im Sinne Ihrer Fragestellung vor. Das IFG regelt den Zugang zu
amtlichen Informationen. Amtliche Informationen im Sinne des IFG sind gemäß § 2 Nr. 1 IFG amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Seicherung. Aufzeichnungen,
die Ihre unter 1) gestellte Frage beantworten könnten, sind im BMVg nicht vorhanden.
Antwort zu 2 + 3:
Einer Herausgabe der im Geschäftsbereich des BMVg vorliegenden amtlichen Informationen stünde, würden sie vorliegen, § 5 Abs. 2 IFG entgegen. Demnach überwiegt das Informationsinteresse des
Antragstellers nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- und Amtsverhältnis im Zusammenhang stehen. Diese Regelung entzieht die im Zusammenhang mit dem Dienst stehenden
Reiseinformationen – insbesondere Aufenthaltsorte, die Rückschlüsse auf die jeweilige Person zulassen – von Soldatinnen und Soldaten grundsätzlich in abwägungsresistenter Weise einem
Informationszugang, soweit keine Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Eine solche Einwilligung des betroffenen Soldaten liegt nicht vor.
K o m m e n t a r :
Der Volksmund sagt: Keine Antwort ist auch eine Antwort! Man kann also Fragen und Antworten nebeneinanderstellen und es den Lesern überlassen, daraus ihre Schlüsse zu ziehen. Die Antwort möchte
der Verfasser trotzdem noch wie folgt kommentieren:
Zunächst wird davon ausgegangen, dass alle Anfragen wahrheitsgemäß beantwortet werden. Die Standardantwort der Bundesregierung auf kleine Anfragen, insbesondere wenn sie von der AfD kommen, ist:
„Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von ...“ Aus dieser geballten Unkenntnis schließen viele Regierungskritiker: „Die Bundesregierung hat keine Ahnung!“ Diese Schlussfolgerung deckt sich auch
mit der Wahrnehmung vieler Normalbürger. Die vorliegende Antwort reiht sich hier ein.
Die der Anfrage angehängte Begründung lässt den Sinn deutlich erkennen. Es geht um die Frage, ob deutsche Soldaten außerhalb des NATO-Gebietes in militärische Abenteuer der USA verwickelt sind,
und ob die BRD in Kriege hineingezogen werden kann, die unser Land nichts angehen. Wenn das BMVg nach der Antwort zu 1 keine Informationen im Sinne der Fragestellung hat und gleichzeitig deutsche
Luftwaffengeneräle dem US-Befehlshaber für den Pazifik Pläne vorstellt, dann müssen daraus Schlussfolgerungen gezogen werden. Das kann nur bedeuten, dass die deutsche Armee den USA unterstellt
ist und die Bundesregierung keine Ahnung hat, was ihre Generäle alles anstellen.
Das BMVg weiß also auch nicht, welchen Einsatz deutsche Generäle für einen zukünftigen Krieg zwischen den USA und China um Taiwan planen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kann sich
vorstellen, dass die Bundeswehr-Fregatte „Baden-Württemberg“ bei ihrer bevorstehenden Pazifik-Mission die Straße von Taiwan durchquert.
(https://www.n-tv.de/politik/Steuert-deutsche-Fregatte-auch-Strasse-von-Taiwan-an-article24921350.html, 05.05.24) Vielleicht weiß das BMVg auch davon nichts.
Es ist interessant, dass Diensreisen hoher deutscher Luftwaffenoffiziere anscheinend als private Urlaubsreisen auf Kosten der Steuerzahler angesehen werden. Die Namen der Personen, um die es sich
handeln konnte, war bereits öffentlich. Hier gab es nichts mehr zu schützen. Zur Frage 3 war auch der Ort bereits öffentlich bekannt: der US-Stützpunkt Comalapa in El Salvador! In der
Begründung zum Antrag wurde darauf hingewiesen. Das BMVg hat sich dazu entschieden, diese Vermutung nicht zu dementieren.
Die Schlussfolgerung, was ein deutscher Experte für Marschflugkörper auf einem US-Stützpunkt in in El Salvador machen könnte, war nicht Teil der Frage. Diese Vermutung wurde in der Begründung
aber angestellt, und eine andere Vermutung wäre auch nur dann plausibel, wenn es noch ein anderes Comalapa oder einen Ort mit ähnlichem Namen geben sollte.
Der Beitrag auf
https://tkp.at/2024/03/14/deutsche-luftwaffe-in-el-salvador/
hatte folgenden Wortlaut:
14. März 2024 von Prof. Dr. Werner Müller 7,3 Minuten Lesezeit
Die deutschen Mainstream-Medien machen aus der Veröffentlichung eines geheimen Gesprächs zwischen hohen Offizieren der deutschen Luftwaffe eine Spionageaffäre. Es gibt eine Parallele zu Wikileaks
von 2010 und die Aufdeckung von Kriegsverbrechen der USA in Irak und Afghanistan durch Bradley Manning und Julian Assange. Nicht die Kriegsverbrechen wurden von den US-Behörden verfolgt, sondern
die beiden Männer, die sie aufdeckten.
2024 ist die Selbstverständlichkeit, mit der deutsche Offiziere Angriffe auf die zivile Infrastruktur in Russland besprechen, der Skandal. Es wird deutlich, dass solche Angriffe in Wirklichkeit
von US-amerikanischen, britischen, französischen und deutschen Militärs vorbereitet werden und die ukrainische Armee nur das Kanonenfutter stellt. Die Mainstream-Medien stellen den Fall aber so
dar, als wäre die Aufdeckung der Besprechung der Skandal und nicht der Inhalt. Anders als 2010 sind die Medien auf Regierungslinie gebracht worden, und sie berichten nicht über den Inhalt.
Der Inhalt sollte aber gründlich analysiert werden. Hierzu soll jetzt nur ein Aspekt thematisiert werden. Der Gesprächsteilnehmer General Gräfe befand sich zu einer Besprechung in Singapur und
hat dort nach eigener Aussage den US-General Kevin B. Schneider, Commander der Pacific Air Forces der USA, getroffen. Aber was hat ein deutscher 3-Sterne-General in Asien zu suchen? Es ist davon
auszugehen, dass es bei der Besprechung eher um Taiwan als um Europa ging. Wird die Bundeswehr jetzt auch in einem möglichen Krieg der USA gegen China hineingezogen?
Aus dem Gesprächsmitschnitt kann man heraushören, dass die Stimmen der Gesprächsteilnehmer außer der von Gräfe verzerrt sind und aus einem Lautsprecher kommen. Daraus ist zu schließen, dass das
Hotelzimmer verwanzt war und Gräfe fast vor dem versteckten Mikrofon gesessen haben muss. In Singapur mit 70 % chinesischer Bevölkerung können sich chinesische Agenten unerkannt bewegen,
russische eher nicht. Das chinesische Interesse an dieser Veranstaltung ist völlig nachvollziehbar. Das Gespräch zur Ukraine war dann aus chinesischer Sicht Beifang, der an die Russen
weitergegeben wurde.
Eine kurze Passage zwischen General Gräfe und Oberstleutnant Florstedt, kurz bevor General Gerhartz zugeschaltet wurde und das eigentliche Gespräch über den Einsatz der Taurus-Marschflugkörper
begann, ist sehr aufschlussreich:
Gräfe: Hast du eigentlich schon Feedback von deinem Komo (= Geschwaderkommodore). Ist dein Antrag bei dem schon durchgelaufen, oder?
Florstedt: Ich hab schon den Flug gebucht, ich hab alles in Tüten, ja.
Gräfe: Nee, nee. Ich mein wegen der anderen Sache.
Florstedt: Ähm … meinst du Alaska jetzt?
Gräfe: Was?
Florstedt: Welche Dienstreise meinst du denn jetzt?
Gräfe: Naja, ich meine wegen (Kumalatra – etwas unverständlich)
Florstedt: Ahso, ja, ähm, das ist jetzt raus aus dem Geschwader. Und P hat halt Meldefrist bis Ende des Monats noch. Ich hab noch überhaupt kein Feedback. Aber rein theoretisch hatte der Komo
heute den Auftrag zu melden.
Gräfe: Okay, aber du hast nicht gesehen, was …
Ja, du weißt aber nicht, was er reingeschrieben hat?
Florstedt: Mmh, kann ich dir besorgen und dir whatsappen.
Gräfe: Ja, das wär‘ super.
Der 3-Sterne-General und der Oberstleutnant, vier Dienstgrade darunter, sind per Du und ihr Umgangston ist kollegial. Sie arbeiten vermutlich eng zusammen. Nun stellt sich die Frage, wohin die
erste Dienstreise, die Florstedt „in Tüten“ hatte, und die letzte nach „Kumalatra“ führte, für die sich General Gräfe sehr interessierte. Die drei aktuellen Diensteisen zeigen, dass die deutsche
Luftwaffe viel in der Welt unterwegs ist, statt sich zuhause um die Landesverteidigung zu kümmern. Zur ersten Reise gibt es keinen Anhaltspunkt. In Alaska kann es um offensive Pläne der USA gegen
Sibirien gehen, weil mit einem russischen Angriff auf die USA eher nicht zu rechnen ist. Und die USA sind durchaus selbst in der Lage, eine routinemäßige Kontrolle ihre Grenze zu
organisieren.
Bei „Kumalatra“ könnte es sich um die „Cooperative Security Location Comalapa“ in El Salvador handeln. Den nicht sehr gängigen Namen hat der deutsche General Gräfe vielleicht nur falsch
ausgesprochen. Auch hier stellt sich die Frage, was die deutsche Luftwaffe dort zu suchen hat.
Man könnte sich daran erinnern, dass das benachbarte Nicaragua die Bundesrepublik Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen der Unterstützung Israels wegen Beihilfe zum Völkermord
verklagt hat. Darin ist aber wohl keine Kriegserklärung Nicaraguas zu sehen, gegen die sich die BRD verteidigen müsste. Bereiten stattdessen vielleicht die USA einen Angriff vor, und fordern
dafür deutsches Knowhow an? Soll ein Offizier, der aus der Ferne einen Angriff auf die Brücke von Kertsch planen kann, auch Angriffe auf Ziele in Nicaragua planen. § 13 Abs. 2 Satz 1 VStGB
lautet: „Wer einen Angriffskrieg oder eine sonstige Angriffshandlung im Sinne des Absatzes 1 plant, vorbereitet oder einleitet, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe
nicht unter zehn Jahren bestraft.“
In jedem Fall ist die Reise nach Comalapa (?) „raus aus dem Geschwader“, der Commodore wäre also für die Genehmigung nicht zuständig. Er hatte lt. Florstedt den Auftrag und damit die Abwesenheit
des Oberstleutnant Florstedt bis zum 19.02. zu melden und „P“ hatte eine Meldefrist bis zum 29.02. Die Bezeichnung von Personen mit Buchstaben erinnert an „Q“ und „M“ aus den James-Bond-Filmen.
Um Pitorius handelt es sich sicher nicht, denn ihm würde niemand eine Meldefrist setzen; höchstens die USA. Wurde Florstedt zum BND oder zur US Air Force abkommandiert?
Dominique de Villepin, ehemaliger französischer Außenminister, Innenminister und Premierminister, wird in TKP zitiert: „Ich habe gewarnt, ich gehörte zu den wenigen Stimmen, die sagten: ,Seid
vorsichtig, die Ukraine ist eine gefährliche Situation, aber was passiert, wenn sich eine neue Front auftut?‘. Die Front in Gaza und im Nahen Osten ist eröffnet. Aber es gibt andere Fronten, die
sich öffnen können: in Korea, in Afrika… Werden wir also auf allen fünf Kontinenten einen solchen Krieg führen?“. Gehen jetzt die USA in die Initiative, den Krieg in Asien oder Lateinamerika
auszudehnen? Nach de Villepin wäre das eine extreme Selbstüberschätzung. Und wie immer ist die BRD als treuer Vasall der USA fest an ihrer Seite.
Am 01.03.24 um 19:44 Uhr veröffentlichte eine Website den brisanten Inhalt der abgehörten Videokonferenz. Am 02.03.24 um 14:53 Uhr (19 Stunden später) meldet diese Website, dass das
Verteidigungsministerium die Richtigkeit des veröffentlichten Protokolls bestätigt hatte. Am am 03.03.24 um 18:05, mehr als 27 Stunden später, veröffentlicht eine Propagandaseite der
Bundesregierung eine Stellungsnahme des Ministers mit folgender Formulierung: „Es handelt sich um einen hybriden Angriff zur Desinformation …“ Damit wurde die Richtung vorgegeben, über den
Gesprächsinhalt offiziell nicht zu berichten und ihn als Feindpropaganda abzutun.
Eine regierungsfreundliche Website definiert den Begriff wie folgt: „Desinformation … wird das gezielte Verbreiten von Informationen genannt, dessen Ziel ist, die Gesellschaft, einzelne Gruppen
oder Einzelpersonen im Sinne politischer oder wirtschaftlicher Interessen zu täuschen. … Die dazu übermittelte Information ist nicht nur nach objektiven Maßstäben unwahr, sondern wird vom Urheber
bewusst zum Zweck der Täuschung in die Welt gesetzt. … Die Desinformation ist entweder direkte Lüge oder besteht indirekt aus subtiler Unterdrückung, Verschweigen oder Ablenken von überprüften
Fakten.“
Mit der Verwendung des Begriffs „Desinformation“ bezeichnete der Minister also eine veröffentlichte Information als falsch, deren Richtigkeit sein Ministerium 27 Stunden zuvor bestätigt hatte.
Damit hatte er – für alle Welt sichtbar – gelogen. Aber warum bietet der Minister eine solche Angriffsfläche. Politik und Mainstream-Medien folgten nun der Regierungslinie, dass es sich um eine
Spionageaffäre handele, und der Gesprächsinhalt nicht wiedergegeben werden sollte. Dabei konnte der seit dem 01.03.24 im Original gehört und als Protokoll gelesen werden. Deshalb musste den
Regierungskritikern zur Ablenkung ein Ziel angeboten werden, und das war die Lüge des Ministers von der angeblichen russischen Desinformation.
Es gibt in dem abgehörten Gespräch wohl mehrere Inhalte, von denen die Regierung ablenken will. Die Internationalen Aktivitäten hoher Offiziere der Bundeswehr dürften einer dieser Inhalte sein.
Natürlich können wegen der Informationspolitik der Bundesregierung nur Fragen gestellt werden. Wenn Abgeordnete solche Fragen stellen, antwortet die Regierung meist mit der Formel: „Die
Bundesregierung hat keine Kenntnis von …“; im Klartext: die Regierung hat keine Ahnung! Dann kann die kritische Öffentlichkeit diese Lücke nur mit logischen Schlussfolgerungen füllen. Eine
Schlussfolgerung drängt sich auf: Deutschland und wohl ganz Europa werden anscheinend immer weiter in die weltweiten Kriege der USA hineingezogen.
Bild: (c) Autor
Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wieder. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.
Prof. Dr. Werner Müller, ehem. Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Mainz, seit 2023 pensioniert und wohnhaft in Spanien