Es soll auf den Beitrag "Der Ukraine-Krieg im Lichte des Völkerrechts" von Rudolf Brandner auf https://multipolar-magazin.de/artikel/ukraine-konflikt-volkerrecht hingewiesen werden. Seine Erkenntnis: Die Normativität des Völkerrechts ist eine Frage der Macht – und keine des Rechts.

 

 

Die Ukraine — eine Diktatur

10.10.2022 von Peter Frey auf https://peds-ansichten.de/2022/10/die-ukraine-eine-diktatur/

Eine Diktatur verteidigt die europäischen Werte. So wollen es uns die westlichen „Qualitätsmedien“ weismachen.

Freilich wird wohlweislich vermieden, von der Diktatur in der Ukraine zu sprechen — was sie aber zweifellos ist. Mittels eines diktatorischen, faschistoiden, ukrainischen Systems führt der „Wertewesten“ seinen eigenen, geradezu missionarisch geführten Feldzug gegen Russland. Sie meinen, dass dies übertrieben sei? Fassen wir kurz zusammen, in welcher Art und Weise die Demokratie im bis vor kurzem zweitgrößten europäischen Land in den letzten Jahren geschleift wurde.

Die sogenannte westliche Wertegemeinschaft, deren Regierungen und Medien erzählen den Menschen hierzulande, dass es sich bei der Ukraine, um den zu verteidigenden Repräsentanten eines rechtsstaatlichen, demokratischen Systems handeln würde, quasi einem Gegenentwurf zur russischen Gesellschaft. Das ist die ideologische Argumentation mit der man die Notwendigkeit einer Verteidigung gegen „Putins Angriffskrieg“ begründet. Mit fundamentalen Lügen wurden schon immer Kriege losgetreten und die Behauptung einer demokratischen Ukraine ist eine solche fundamentale Lüge.


Denn ohne Zweifel hat der offene Faschismus in der Ukraine längst Einzug gehalten. Die Verherrlichung des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland, die Heiligsprechung seiner Kollaborateure, die Verwendung von Symbolen des Dritten Reiches wie auch die Nachahmung von dessen Machtdemonstrationen sprechen eine deutliche Sprache. Die offene, subtile bis brutale Gewalt gegen all jene, welche die faschistische Ideologie in der Ukraine nicht mittragen, kommt hinzu, ja ist untrennbar damit verbunden. Das ukrainische Regime ist damit hochgradig aggressiv, und zwar gegen die eigene Bevölkerung aber nicht minder nach außen hin.

 

Gesellschaften, Führungen von Staaten mit solch einer latenten Gewaltbereitschaft und Aggressivität sind also gefährlich. Sie sind im Grunde ihres Wesens pathologisch, unfähig zum friedlichen Austausch, nicht konfliktfähig. Und sie sind benutzbar. In diese Rolle eines nützlichen, aggressiv-gefährlichen Idioten wurde die ukrainische Gesellschaft immer weiter hineingezogen. Währenddessen sie wirtschaftlich in dreister Art und Weise von ausländischen „Investoren“, jenen die sich in der Sphäre der „internationalen Gemeinschaft“ wähnen, ausgeplündert wurde.

 

Die Propaganda von Institutionen der zu veröffentlichenden Meinung belügt also die Bürger, wenn sie davon schwadroniert, man müsste die ukrainische Demokratie vor „Putins Truppen“ retten. Denn es gibt keine ukrainische Demokratie. Stattdessen ist sie — ganz offen sichtbar — eine faschistisch gefärbte Diktatur, geprägt von Korruption und Gewalt. Eine in der allein schon die Äußerung einer eigenen, aber vom Narrativ abweichenden Meinung, lebensgefährlich sein kann.

 

Ein solches System wie die Ukraine mit Waffen vollzupumpen, ist ein Verbrechen und kann uns gleichzeitig daran erinnern, dass auch das Dritte Reich erst dann seine Aggressivität nach außen voll entfalten konnte, nachdem es durch und im Interesse ausländischer, wertewestlicher Gönner hochgerüstet worden war.


Ein diktatorisches System ist eine hervorragende Basis, um daraus lupenreinen Faschismus zu generieren. Oft gedeihen sie in Symbiose. Beispiele gefällig? Nun, auszugsweise sei die folgende Liste aufgeführt: die Franco-Diktatur in Spanien, Salazars Diktatur in Portugal, Mussolinis faschistisches Italien, die finsteren Jahre Pinochets in Chile, Hugo Banzers Diktatur in Bolivien, die Militärdiktaturen in Argentinien und Brasilien, das Apartheid-System Südafrikas, die Diktaturen Südkoreas, ja selbst das System der Roten Khmer in Kambodscha. All diese Diktaturen vereinte, dass sie vom „Wertewesten“ geduldet und gefördert wurden.

 

Diktaturen bedienen sich mehr oder weniger ähnlich gearteter terroristischer Methoden, um zu überleben. Schauen wir uns diese am Beispiel der Ukraine an.

 

Gleichschaltung der Medien


„Prorussische Propaganda“, „Hochverrat“ und „Terrorismus“ sind die Zauberworte mittels derer das diktatorische System der Ukraine das Spielfeld der öffentlichen Meinung von unliebsamen, für das System selbst gefährlichen Gedanken „bereinigt“. In der Ukraine herrscht eine ungezügelte Zensur gegen Andersdenkende und das Muster stellt sich in etwa so dar:
„In der Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenski die einflussreiche oppositionelle Nachrichtenseite strana.ua sperren lassen. Ein entsprechendes Dekret wurde gestern veröffentlicht. Grundlage dafür seien vom Nationalen Sicherheitsrat verhängte Sanktionen gegen den seit 2018 im österreichischen Exil lebenden Chefredakteur Ihor Huschwa und dessen Unternehmen, heiß es. Das Verbot erfolgte demnach gemäß einer Vorlage des Geheimdienstes SBU, der Selenski untersteht.“ (1)


Der ukrainische Geheimdienst SBU durchforstet also den Medienraum nach „prorussischer Propaganda“. Nähere Angaben zu den Gründen werden gewöhnlich unter Verweis auf Geheimhaltung nicht offengelegt. Die pauschale Behauptung genügt. Wir reden von jenem ukrainischen Geheimdienst, der enge Beziehungen zur faschistischen Szene des Landes pflegt (2 bis 4).

 

Daraufhin wird vom Nationalen Sicherheitsrat eine entsprechende Order, ein Ukas ausgearbeitet, der vom Präsidenten umgehend unterzeichnet und damit „rechtswirksam“ wird.

 

Wie im Dritten Reich, gibt es keinen parlamentarischen Prozess sondern es werden Weisungen des Führers umgesetzt. Wobei im ukrainischen Falle Selenskyj doch in erheblich stärkerem Maße als Vorgeführter bezeichnet werden darf.

 

Noch ein Beispiel, alles geschehen, BEVOR Russlands Streitkräfte aktiv in der Ukraine intervenierten und wieder ist das beschriebene Muster erkennbar:
„Erneut wurden in der Ukraine zwei oppositionelle Fernsehkanäle vom Nationalen Sicherheitsrat mit einem Sendeverbot belegt. Am Dienstagabend unterzeichnete Präsident Wolodomir Selenski den Erlass mit der Nummer 684/2021, mit dem die Fernsehkanäle „Pershij Nesaleshniy“ und „UkrLive“ für fünf Jahre mit Sanktionen belegt werden. Damit sind beide Kanäle aus dem Äther und dem Internet verschwunden, ihre Vermögen wurden eingefroren, sämtliche Aktivitäten wurden ihnen untersagt. […] In dem halbseitigen Erlass ist keine Begründung für das Sendeverbot zu finden. In einem fünfseitigen Anhang geht es ausschließlich darum, was den Betroffenen nun verboten ist. […] Es ist zu erwarten, dass die ukrainische Regierung Youtube auch in den Fällen von UkrLife und Pershij Nesaleshniy um eine Sperrung ersuchen wird.“ (5)

 

Dieser Prozess war bereits lange vor Selenskjys Präsidentschaft, aber bezeichnenderweise nach dem „Sieg der Demokratie auf dem Maidan“, also dem Putsch gegen die Regierung Janukowitsch in Gang gebracht worden (6).


Es geschah ein Jahr vor der Intervention Russlands in der Ukraine, und zwar am 3. Februar 2021:
„Mit einem beispiellosen Erlass hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski drei oppositionelle Nachrichtensender verbieten lassen. Das Verbot sieht unter anderem den Entzug der Sendelizenzen, von TV-Frequenzen und die Sperre von Konten für vorerst fünf Jahre vor, wie das Präsidentenbüro in der Nacht auf heute mitteilte. Die Abschaltung der Sender ZIK, NewsOne und 112 erfolgte in der Hauptstadt Kiew sofort. Der Schritt wurde mit einer angeblichen Gefährdung der nationalen Sicherheit und Verbreitung von russischer Propaganda begründet. Die Sender bezeichneten das Verbot in einer gemeinsamen Erklärung als »Abrechnung mit unbequemen Medien«.“ (7)


In jener Zeit waren die besagten Sender das Sprachrohr der stärksten Oppositionspartei des Landes, der „Oppositionsplattform für das Leben“, die sich auch und vor allem für die Belange der ukrainischen Staatsbürger welche der russischen Ethnie angehören, stark machte. Das Verbot basierte, wie schon weiter oben betont, nicht auf einem nach demokratischen Regeln erarbeiteten Gesetz. Es durchlief also in keiner Weise die parlamentarischen Instanzen eines demokratischen Rechtsstaates, sondern wurde per Dekret, einem Erlass des ukrainischen Präsidenten in Kraft gesetzt.

 

Das private Unternehmen Google blockierte übrigens wenig später auch den Youtube-Kanal des Senders „112 Ukraine“ (8).

 

Bereits vor dem offenen Ausbruch des Ukraine-Konflikts waren in der Ukraine hunderte Seiten gesperrt und das Internet für die Ukrainer „bereinigt“ worden. Von einer Opposition in der Medienlandschaft, eine die gelebte Demokratie erkennen lässt, konnte keine Rede mehr sein (9).

 

In der Ukraine wird staatlicherseits ohne wenn und aber und auch ganz offen eine freie Medienlandschaft unterdrückt. Es findet eine Gleichschaltung der Medien statt, das ist typisch für diktatorische Systeme, nicht für Demokratien.

 

Offener Terror gegen „aufmüpfige“ Journalisten


Anderthalb Jahre zuvor war der Sitz des im vorherigen Beispiel genannten Senders, gelegen mitten in der ukrainischen Hauptstadt, mit einer Granate beschossen worden.


„Der TV-Kanal hatte zuvor einen Appell an die Polizei veröffentlicht, Journalisten vor der »Willkür von nationalen Radikalen« zu schützen. Diese versuchten, »durch Drohungen die redaktionelle Politik des Senders zu beeinflussen«, hieß es. Der Sender wollte einen Film des US-amerikanischen Regisseurs Oliver Stone über die Ereignisse in der Ex-Sowjetrepublik nach den proeuropäischen Protesten auf dem Maidan – dem Unabhängigkeitsplatz – in Kiew vor fünf Jahren zeigen.“ (10)

 

Der Beschuss erfolgte, NACHDEM die Verantwortlichen des Senders die Polizei kontaktiert hatten. Die Ermittlung der Täter verlief im Sande. Die mit dem Terror verfolgte Absicht, die Ausstrahlung des kritischen Filmes zu verhindern, wurde erreicht.

 

In der Ukraine herrscht eine terroristische Diktatur, was daran erkennbar ist, dass sie sich offen gegen Andersdenkende richtet. Von einer Demokratie kann keine Rede sein.

 

So war über 14 Monate hinweg der Chefredakteur der russischen Nachrichtenagentur RIA, Kirill Wyschinski von den Kiewer Behörden unter dem Vorwurf des Hochverrats festgehalten worden (11).

 

Kritische Journalisten willkürlich zu verhaften, zu entführen, auszuweisen und mit Betätigungsverbot zu belegen, war bereits vor dem Jahre 2022 ein gängiges Verfahren zur Durchsetzung der zu veröffentlichenden Meinung in der Ukraine. Hier ein Beispiel aus dem Jahre 2017 (12):
„Am 30. August wurde Anna Kurbatowa, Korrespondentin des russischen Fernsehkanals Pervi, entführt. Nach zwei Stunden meldete der Geheimdienst SBU, die 29jährige Journalistin sei festgenommen worden. Man bereite die Dokumente für die Ausweisung vor. Am 26. August hatten ukrainische Nationalisten Kurbatowa wegen »Teilnahme an antiukrainischer Propaganda« auf die berüchtigte Mirotworez (Friedensstifter)-Liste gesetzt.“ (13)

 

Dabei sind das noch, für die Betroffenen glimpfliche Fälle. Der aufgeblähte Geheimdienstapparat des SBU mit angeblich 27.000 Angehörigen, geht gern auch rigoros gegen seine Feinde, auch Journalisten vor und die Opfer müssen um ihr Leben fürchten (14, 15). Dabei bedient er sich einer weiteren, perfiden Methode die auch im Dritten Reich genutzt wurde, und der Name dafür lautet: Denunziation.

 

Schwarze Listen


Der SBU betreibt mit Unterstützung des Inneministeriums – über eine zwischengeschaltete Nichtregierungs-Organisation – eine unzweifelhaft als Fahndungs- und Denunziationsliste betriebene Webseite, welche die darin aufgeführten Namen im wahrsten Sinne des Wortes zum Abschuss freigibt. Die Liste enthält die Namen und Adressdaten (unter anderem) tausender Journalisten, die sich des „Hochverrats“ schuldig gemacht haben sollen (16).


Als sich das faschistische Deutschland endgültig aufstellte, verfügte es ebenfalls über schwarze Listen, die von den Häschern systematisch abgearbeitet wurden. Tausende Oppositionelle wurden in die Folterkeller der SA und die ersten errichteten Konzentrationslager verschleppt und misshandelt, hunderte von ihnen starben. Es ist genau der gleiche Zweck, welcher mit Mirotworez (a1), so heißt die Seite, verfolgt wird.


Was meinen Politiker des Parteienkartells hierzulande eigentlich, wenn sie von einem Wiedererstarken des Faschismus reden? Das was in der Ukraine vorgeht, meinen sie mit Sicherheit nicht. Die Seite Mirotworez übersetzt sich zynischerweise mit „Friedensstifter“. Übrigens ganz so wie uns die Politikerkaste in Berlin die Lieferung von Waffen an die Ukraine als friedensstiftende Maßnahme verkaufen möchte.

 

Und Menschen die auf Mirotworez gelistet sind, sterben reihenweise, vor allem wenn sie auf dem Gebiet unter Hoheit des ukrainischen Regimes lebten. Juristisch nennt man dieses Morden „außergerichtliche Tötungen“. Im Laufe der Jahre wurden über diese Präsenz rund 200.000 Menschen zu Kriminellen erklärt. Das ist die ukrainische Realität (17, 18).

 

Doch wenn Journalisten in der Ukraine im Falle „falscher Berichterstattung“ um ihr Leben bangen müssen, ist das nicht nur der letzte Beweis eines nicht existenten demokratischen Rechtsstaates. Sondern wir werden unmissverständlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Berichterstattung aus diesem Land nie und nimmer objektiv sein kann. Das „Wahrheitsministerium“ aus etablierter deutscher Politik und den Gleichstrommedien tut aber eben so, als ob es diese objektive Berichterstattung gäbe. Damit lügt sie ihre Wähler und Konsumenten an.

 

Mirotworez ist eine eindringliche Warnung, wie weit die faschistische Diktatur in der Ukraine bereits gediehen ist. Zu den gelisteten „Verrätern“ gehören unter anderem Gerhard Schröder, Viktor Urban, Henry Kissinger, Roger Waters (19) sowie die Journalisten Ulrich Heyden und Thomas Röper.

 

Doch werden nicht nur oppositionsnahe Medien verboten, sondern auch die Opposition selbst, und mit dieser gewählte, legitimierte Abgeordnete des Parlaments.

 

Terror gegen Oppostionsführer


Am 19. Februar 2021 sanktionierte der Nationale Sicherheitsrat, mit der Unterschrift Selenskyjs den Oppositionsführer Victor Medwedschuk und mit ihm auch noch seine Frau. Der Vorwurf lautete, Medwedschuk würde „den Terrorismus finanzieren“. Am 11. Mai wurde gegen Medwedschuk und seinen Parteikollegen Taras Kozak vom Generalstaatsanwalt Anklage wegen Hochverrats erhoben (20). Beweise wurden nie erbracht, ein Prozess nie eröffnet. Ab dem 13. Mai wurde dem Politiker Hausarrest befohlen, eine Kaution von 11 Millionen US-Dollar wurde abgelehnt (21). Ohne rechtsstaatliches Verfahren wurde Medwedschuks Hausarrest verlängert, auch über das nach ukrainischem Recht gültige Höchstmaß von sechs Monaten hinaus (22).

 

Aus Angst um sein Leben entzog sich Medwetschuk nach dem offenen Ausbruch der Feindseligkeiten mit Russland dem Hausarrest. Wovon er durch seinen Anwalt die Behörden informierte. Auch dass er seinen Verpflichtungen im Verfahren gegen ihn nachkommen würde (23). Trotzdem nahm in der SBU „mittels einer Spezialoperation“ fest und veröffentlichte Bilder, die sehr an die Festnahme des früheren irakischen Präsidenten Sadam Hussein erinnern, mittels derer das Opfer in der Öffentlichkeit gedemütigt und herabgewürdigt wurde (24, 25).

 

In einem demokratischen Rechtsstaat ist so etwas undenkbar. Der „Wertewesten“ verteidigt also einen Unrechtsstaat? Nicht einmal das: Denn weder verteidigt er diesen, noch bekämpft er ihn: Er führt mittels des Kiewer Regimes Krieg gegen Russland.

 

Passend dazu wurde am 19. März 2022 von Selenskyj ein Erlass des Nationalen Sicherheitsrates unterzeichnet, der jegliche Betätigung von elf Oppositionsparteien „suspendierte“ (26). Die Ausschaltung der Opposition ist typisch für diktatorische, undemokratische Systeme.

 

Russisch verboten

 

Eines der drei Hauptziele die Russland für seine militärische Intervention in der Ukraine vorgegeben hat, ist der Schutz der russischen Ethnie. Dieser ist in der Ukraine nicht gegeben, schon gar nicht für die größte Minderheit des Landes, was eben die Russen sind.

 

Eine Tagesspiegel-Reporterin die sich im Frühjahr 2022 in der Gegen Sewerodonezk aufhielt, berichtete von einem vielsagenden Disput unter den Einheimischen, bei dem sie Ohrenzeuge sein durfte:
„»Ich verstehe nicht«, sagt Alexandra Petrowna plötzlich, »was Putin da macht. Er hat doch früher alles so gut gemacht, aber jetzt …« »2014 hat er einen guten Job gemacht?“, sage ich. »Er war es nicht«, antwortet die Lehrerin selbstbewusst. »Es war Poroschenko, der den Krieg begonnen hat. Er hat so viel Geld zusammengeraubt. Und weiß der Kuckuck, was Amerika alles tut. Amerika schickte Truppen hierher. Es schickt Söldner hierher.«“ (27)

 

Das Gespräch ging noch weiter:
„»Wurde Ihnen verboten, Russisch zu sprechen?« »Ja. Hier wurde ein Gesetz verabschiedet, dass man überhaupt kein Russisch sprechen darf.« »Wurde Ihnen das verboten? Hat man Ihnen direkt gesagt, Sie sollen den Mund halten?« »Ja, das haben sie gesagt, als ich Brot kaufen ging: ,Wir werden Sie nicht bedienen, sprechen Sie Ukrainisch.« »In Lyssytschansk, wo alle Russisch sprechen, hat man Ihnen kein Brot verkauft?« »Ja.« Die Nachbarn im Bus fangen an zu lachen. Ein ehemaliger Fernfahrer sagt: »Ich ging in Lwiw in eine Gaststätte, dort sprachen sie Russisch mit mir.« Alexandra Petrowna beachtet ihn nicht.“ (27i)

 

Das was man inzwischen in Kiew unter Rechtssprechung versteht, unterscheidet bezüglich der in der Ukraine lebenden Ethnien zwischen „Autochthonen“ und „Indigenen“. Russen, Weißrussen, Rumänen, Polen, Moldawier und weitere werden inzwischen aber nicht mehr als ethnische Minderheiten klassifiziert, sondern sie sind, so wie „echte Ukrainer“, „Autochthone“ geworden. Und „Autochthone“ dürfen nur ukrainisch sprechen. Selbst ein „echter Ukrainer“ macht sich strafbar, wenn er in öffentlichen Gebäuden russisch spricht.

 

Mit juristischen Manipulationen hat man also in der Ukraine ethnische Minderheiten quasi per Gesetz abgeschafft und ihnen damit auch die Pflege ihrer Kultur, zu der die Sprache gehört, tatsächlich verboten. Einzig die Tataren, als nennenswerte Ethnie haben in einem entsprechenden Gesetz diese Rechte zugesprochen bekommen (28). Das hat allerdings handfeste politische Gründe, denn es geht hier um den Missbrauch der Krim-Tataren als Waffe für eine „Wiedergewinnung“ der Krim.

 

Dikaturen sind im Allmachtsanspruch gefangen, der sie dazu treibt jeden Einzelnen in eine gleichgeschaltete Masse aufzunehmen, die ihnen bedingungslos folgt. Die Gleichschaltung der Medien geht einher mit der Gleichschaltung der politischen Landschaft sowie der Justiz und ihr folgt die ethnische Gleichschaltung. Dabei ist der übersteigerte Nationalismus in der Ukraine Brandbeschleuniger zur Unterdrückung anderer Ethnien. In einem Land in dem so etwas geschieht, ist die Demokratie tot.

 

Dass ein solches diktatorisches Regime auch völkerrechtliche Verpflichtungen missachtet, ist dann in der Logik nur konsequent. Die bewusst von Kiew sabotierten Vereinbarungen von Minsk lassen grüßen (29).

 

Fazit


Die Darstellung der Meinungsführer hierzulande, der Krieg der Ukraine gegen Russland wäre gleichbedeutend mit der Verteidigung der Demokratie gegen ein diktatorisches System, ist eine Lüge. Wo es keine Demokratie gibt, kann sie auch nicht verteidigt werden, und in der Ukraine gibt es sie mitnichten, die Demokratie. Es ist der Krieg eines diktatorischen Systems gegen Russland, welchen der Westen befeuert.


Der Druck für die Menschen, sich mit diesem System zu arrangieren, vom passiven zum aktiven Mitläufer zu werden, einfach nur um überleben zu können, wird immer stärker. Die Dinge sind zu weit gediehen (28).

 

Würden die Menschen in Deutschland wissen, was wirklich in der Ukraine geschieht und wie es dazu gekommen ist, würden möglicherweise bei einem großen Teil von ihnen alle Alarmglocken läuten. Nämlich dahingehend, dass unsere Regierung ganz offen eine faschistoide, diktatorische Ukraine mit Waffen und Propaganda stützt.


Bitte bleiben Sie schön achtsam, liebe Leser.

 

Anmerkungen und Quellen

 

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er – einschließlich der Primärquelle – gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden.
(a1) Ganz bewusst verlinke ich nicht auf das mirotvoretz-center. Deren Aufmachung ist abscheulich, von primitivster Propaganda gekennzeichnet. Wer es sich trotzdem antun möchte, der sei an dieser Stelle ausdrücklich vorgewarnt.
(1) 21.08.2021; ORF; Ukraine: Oppositionelle Internetseite geschlossen; https://orf.at/stories/3225731/
(2) 30.07.2022; The Grayzone; „These are animals, not people“: Zelensky frees convicted child rapists, tortures to reinforce depleted military; https://thegrayzone.com/2022/07/30/zelensky-militants-convicted-child-rape-torture-military/; deutsche Übersetzung entnommen bei: https://www.barth-engelbart.de/?p=238390
(3) 04.03.2022; The Grayzone; Alexander Rubinstein, Max Blumenthal; How Ukraine’s Jewish president Zelensky made peace with neo-Nazi paramilitaries on front lines of war with Russia; https://thegrayzone.com/2022/03/04/nazis-ukrainian-war-russia/
(4) 15.11.2017; Лига.Новини; С14. Кто они и почему им позволено бить людей; https://news.liga.net/politics/interview/s14_kto_oni_i_pochemu_im_pozvoleno_bit_lyudey
(5) 30.12.2021; taz; Bernhard Clasen; Sender verboten und verschwunden; https://taz.de/Pressefreiheit-in-der-Ukraine/!5824760/
(6) 16.05.2017; Ostexperte.de; Thorsten Gutmann; Ukraine erweitert Russland-Sanktionen im Internet; https://ostexperte.de/ukraine-internet-sperre/
(7) 03.02.2021; ORF; Drei oppositionelle Nachrichtensender in Ukraine verboten; https://orf.at/stories/3200001/
(8) 05.03.2021; Youtube заблокував трансляцію каналу Медведчука; https://www.pravda.com.ua/news/2021/03/5/7285709/
(9) 25.02.2021; tass; На Украине заблокируют более 400 сайтов, включая LiveJournal и РБК; https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/10780711; siehe auch: https://www.anti-spiegel.ru/2021/diktatur-in-der-ukraine-weitere-426-internetseiten-gesperrt-haftbefehl-gegen-regierungskritiker/
(10) 13.07.2019; Deutsche Welle, dpa; Ukrainischer Sender mit Granatwerfer beschossen; https://www.dw.com/de/ukrainischer-fernsehsender-mit-granatwerfer-beschossen/a-49580901
(11) 28.08.2019; OSZE; OSCE Media Freedom Representative welcomes release of RIA Novosti journalist Kirill Vyshinsky in Ukraine; https://www.osce.org/representative-on-freedom-of-media/428684
(12) 30.08.2017; OSZE; OSCE media freedom representative calls on Ukraine to respect the work of foreign journalists; https://www.osce.org/fom/337366
(13) 31.08.2017; Freitag; Ulrich Heyden; Ukraine weist fünf Journalisten aus; https://www.freitag.de/autoren/ulrich-heyden/ukraine-weist-fuenf-journalisten-aus
(14) 01.11.2018; OSZE; OSCE Representative disappointed after third extension to Kirill Vyshinsky’s pre-trial detention in Ukraine, reiterates call for his release; https://www.osce.org/representative-on-freedom-of-media/401867
(15) 25.02.2022; tass; СБУ ходатайствует о задержании и экстрадиции главы „Партии Шария“ на Украину; https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/10780023
(16) 13.04.2017; Daily Beast; Anna Nemzowa; Ukraine Tries to Terrify Journalists Who Cover the War; https://www.thedailybeast.com/ukraine-tries-to-terrify-journalists-who-cover-the-war
(17) 09.09.2022; Anti-Spiegel; Thomas Röper; Viele Journalisten und über 300 Minderjährige auf Todesliste der ukrainischen Regierung; https://www.anti-spiegel.ru/2022/viele-journalisten-und-ueber-300-minderjaehrige-auf-todesliste-der-ukrainischen-regierung/?doing_wp_cron=1663062518.5466899871826171875000
(18) 10.10.2022; Evelyn Hecht-Galinski; Olga Sucharewskaja; https://sicht-vom-hochblauen.de/feinde-der-ukraine-wie-eine-webseite-ungehindert-todeslisten-und-mordaufrufe-veroeffentlicht-von-olga-sucharewskaja/
(19) 08.08.2022; The Hill; Judy Kurtz; Pink Floyd’s Waters backs Russia, calls Biden a ‘war criminal’ over Ukraine; https://thehill.com/blogs/in-the-know/3592647-pink-floyds-waters-backs-russia-calls-biden-a-war-criminal-over-ukraine/
(20) 15.05.2021; Top War; Wie Medwedtschuk der ukrainischen Justiz eine Lektion erteilte; https://de.topwar.ru/182963-kak-medvedchuk-prouchil-ukrainskoe-pravosudie.html
(21) 14.05.2021; Mag. C. F. Wehrschütz; Fall Medwedschuk erhöht Konflikt Ukraine Russland; https://www.wehrschuetz.at/berichte-ukraine/bericht/6058
(22) 10.01.2022; Korrespondent; Alexander Ivanitsky; Медведчуку продлили домашний арест; https://korrespondent.net/ukraine/4435401-medvedchuku-prodlyly-domashnyi-arest
(23) 27.02.2022; Reuters; Ukraine adviser says pro-Kremlin politician escaped house arrest, lawyer denies; https://www.reuters.com/world/europe/ukraine-adviser-says-pro-kremlin-politician-escaped-house-arrest-lawyer-denies-2022-02-27/
(24) 13.04.2022; Ukrinform; SBU nimmt flüchtiger Putin-Freund Medwedtschuk fest; https://www.ukrinform.de/rubric-ato/3455965-sbu-nimmt-fluchtiger-putinfreund-medwedtschuk-fest.html
(25) 13.04.2022; Russia News; Viktor Medwedtschuk festgenommen; https://www.russland.jetzt/2022/04/viktor-medwedtschuk-festgenommen.html
(26) 19.03.2022; Ukrainische Regierung; DEKRET №153/2022 DES PRÄSIDENTEN DER UKRAINE; https://www.president.gov.ua/documents/1532022-41765
(27, 27i) 16.09.2022; Tagesspiegel; Victoria Ivleva; https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/fotoreportage-aus-dem-donbass/?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
(28) Ukrainisches Parlament; http://w1.c1.rada.gov.ua/pls/zweb2/webproc4_1?pf3511=71931
(29) 27.02.2021; Overton Magazin; Ulrich Heyden; Schwere Anschuldigungen gegen ukrainischen Geheimdienst; https://overton-magazin.de/krass-konkret/schwere-anschuldigungen-gegen-ukrainischen-geheimdienst-sbu/
(29) 26.08.2022; Anti-Spiegel; Thomas Röper; https://www.anti-spiegel.ru/2022/kiew-hat-2019-beschlossen-minsk-ii-nicht-umzusetzen-und-krieg-mit-russland-vorbereitet/

 

Das denken die USA über die deutsche Regierung

 

Anfang SeptembeR 2022 ist ein Stategiepapier der RAND-Corporation vom 25.01.22 (einen Monat vor dem Krieg) zur Schwächung Europas durch den Ukraine-Krieg durchgesickert. Die RAND Corporation ist ein Think Tank, der 1948 gegründet wurde und zunächst vor allem die US-Armee beraten hat. RAND spielte im Kalten Krieg eine wichtige Rolle, ist aber stark gewachsen und beeinflusst längst auch andere Politikfelder, wie Wirtschaftspolitik oder Gesundheitswesen. Die RAND Corporation dürfte zu den einflussreichsten Think Tanks in den USA gehören. (https://www.anti-spiegel.ru/2021/studie-der-rand-corporation-hat-2019-geschrieben-was-2021-realitaet-geworden-ist/)

 

Ein zentraler Satz: „Die Voraussetzung dafür, dass Deutschland in diese Falle tappen kann, ist die führende Rolle der grünen Parteien und Ideologie in Europa. Die deutschen Grünen sind eine stark dogmatische, wenn nicht gar eifrige Bewegung, was es recht einfach macht, sie dazu zu bringen, wirtschaftliche Argumente zu ignorieren. In dieser Hinsicht übertreffen die deutschen Grünen ihre Pendants im übrigen Europa. Persönliche Eigenschaften und die mangelnde Professionalität ihrer Führer – allen voran Annalena Baerbock und Robert Habeck – lassen vermuten, dass es für sie nahezu unmöglich ist, eigene Fehler rechtzeitig zuzugeben.“ (The prerequisite for Germany to fall into this trap is the leading role of green parties and ideology in Europe. The German Greens are a strongly dogmatic, if not zealous, movement, which makes it quite easy to make them ignore economic arguments. In this respect, the German Greens somewhat exceed their counterparts in the rest of Europe. Personal features and the lack  of professionalism of their leaders - primarily Annalena Baerbock and Robert Habeck – permit to presume that it is next to impossible for them to admit their own mistakes in timely manner.)

 

Quelle: https://www.anti-spiegel.ru/2022/das-originaldokument-ueber-

die-zerstoerung-der-deutschen-wirtschaft-durch-die-gruenen/

 

deutsche Übersetzung von Thomas Röper auf: https://www.anti-spiegel.ru/2022/mit-hilfe-der-gruenen-die-usa-planen-die-zerstoerung-der-deutschen-wirtschaft/

 

 

Wer Freunde wie die USA hat, braucht keine Feinde mehr!


Es wird vom „Westen“ behauptet, der Krieg in der Ukraine sei ein russischer Angriff und völkerrechtswidrig. Widerspruch gegen diese Aussage wird nicht geduldet und deshalb werden die Rechtsquellen auch nicht untersucht.

Hier sind Art. 2 Abs. 4 (Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.) und Art. 51 Satz 1 (Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.) der UN-Charta von zentraler Bedeutung. Nicht vom „Westen“ erwähnt wird das Selbstbestimmungsrecht der Völker nach Art. 1 Abs. 1 des UN-Zivilpaktes (Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.) und das sich daraus ergebende Recht auf Abspaltung eines Gebietes von einem Staat.

Man muss auch auf den Unterschied zwischen römischem und angelsächsischen Recht hinweisen. Das Römische Recht, das auch in Deutschland zur Anwendung kommt, hat seinen Ausgangspunkt in abstrakten gesetzlichen Regelungen, die auf die konkreten Einzelfälle angewendet werden. Man bezeichnet dieses Rechtssystem deshalb auch als Code Law. Im Gegensatz dazu steht das angelsächsische Case Law, das auf teilweise willkürlichen Einzelfallentscheidungen beruht und aus solchen Präzedenzfällen dann nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz die Pflicht ableitet, zukünftige gleichgelagerte Fälle genauso zu entscheiden.

Im römischen wie im angelsächsischen Recht geht es nicht darum, Recht zu haben, sondern Recht zu bekommen! Im angelsächsischen System bekommt derjenige Recht, der sich die teuersten Anwälte leisten kann. Es kommt darauf an, den Richter mit Massen an Präzedenzfällen zu überschütten und daraus nur die Absätze zu zitieren, die die eigene Position stützen. Es ist dann nicht zu erwarten, dass der Richter alle Urteile vollständig liest und erkennen kann, dass die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Diese Taktik ist arbeitsintensiv, und deshalb teuer.

Daneben gibt es im Völkerrecht den von den westlichen Ländern eingeführten Rechtsgrundsatz: Die USA haben immer Recht!

Obwohl es mit der UN-Charta und anderen Dokumenten eigentlich auslegungsfähige Texte gibt, dominiert im Völkerrecht das Case Law. Bei der Anwendung des Römischen Rechts würde man in Art. 51 der UN-Charta kein Recht auf eine präventive Selbstverteidigung, also einen Angriff zur Verhinderung einer Aggression, finden. Es gibt aber Präzedenzfälle, in denen dieses Recht in Anspruch genommen wurde. Deshalb kann man ein solches Recht aus der angelsächsischen Herangehensweise ableiten. Auch das Selbstbestimmungsrecht der Völker wurde von den USA als Grundgedanke des 14-Punkte-Plans von US-Präsident Wilson vom 08.01.1919 zur Beendigung des Ersten Weltkriegs geschaffen. Seine Umsetzung durch den Versailler Vertrag und die Zerschlagung Österreich-Ungarns kann auch als Präzedenzfall herangezogen werden. Z.B. wurden die mehrheitlich von Polen bewohnten Provinzen Posen und Westpreußen von Deutschland sowie Ost- und Westgalizien von Österreich abgetrennt und Polen zugeschlagen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist also nicht nur ein Recht auf Unabhängigkeit, sondern auch ein Anspruch auf Vereinigung mit einem Mutterland.

Völker werden nach Sprache, Kultur, Religion, Geschichte und Abstammung definiert. Die Grenzen sind nicht immer einfach zu definieren. Serben und Kroaten verwenden die gleiche Sprache; die Serben benutzen aber das kyrillische und die Kroaten das lateinische Alphabet. Weil Kroatien vor 1918 ungarisch war und die Kroaten mehrheitlich katholisch sind, werden sie aber gegenüber den orthodoxen und bis 1867 zum Osmanischen Reich gehörenden Serben als eigenes Volk angesehen. Das wurde 1991 im Kroatien-Krieg ein Problem, als sich die serbischen Gebiete in der Krajina und Ostslawonien von Kroatien lösen und sich Serbien anschließen wollten. In Jugoslawien war der Unterschied unwichtig. Ihre Vertreibung war im Westen nie ein Thema.

Die Ukraine war im Zarenreich nur eine geografische Bezeichnung; „u kraina“ bedeutet „am Rand“, also Grenzgebiet. Sie war das Gebiet an der Grenze zum Osmanischen Reich. Ein ukrainisches Volk kann auf die Zugehörigkeit zu Polen-Litauen zwischen 1569 und 1795 zurückgeführt werden. Der Osten und Süden der Ukraine von 2013 gehörte niemals dazu und auch der Rest war mit Ausnahme Ostgaliziens 196 Jahre lang russisch. Das Recht auf Abspaltung haben russischsprachige Gebiete der Ukraine (Krim und Donbas) für sich nach dem Maidan-Putsch vom 22.02.2014 gegen den damaligen Präsidenten Janukowytsch durch westukrainische Nationalisten, von denen die russische Bevölkerung des Ostens und Südens eine Unterdrückung ihrer russischen Identität befürchtete, in Anspruch genommen. Schon seit Mitte der 90er Jahre rückte die ukrainische Politik langsam vom Konzept des Vielvölkerstaats mit einer Gleichberechtigung der ukrainischen und russischen Sprache sowie der Achtung der rumänischen, ungarischen und slowakischen Minderheiten, das Grundlage der Volksabstimmung über die Unabhängigkeitserklärung von 1991 war, ab.

Die Haltung der USA zum Recht auf Sezession ist uneinheitlich und regelmäßig von ihren eigenen Interessen geleitet. 1861 beantwortete sie die Austrittserklärung der Südstaaten und die Bildung der Konföderierten Staaten von Amerika mit einer Kriegserklärung. 1903 initiierte der damalige US-Präsident Roosevelt eine Abspaltung der kolumbianischen Provinz Panama und die Bildung eines Marionettenstaates für den Bau des Panama-Kanals für eine schnelle Passage von US-Kriegsschiffen zwischen Atlantik und Pazifik.

2008 erkannten die USA die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo und damit die Abspaltung von Serbien an, 2011 die Abspaltung des Südsudan vom Sudan und schon 1993 die Eritreas von Äthiopien. Die Zustimmung der anderen Länder war nie freiwillig. Bei der Krim und dem Donbas wurde die Ukraine aber nicht zur Zustimmung gezwungen. Beide Gebiete konnten sich nach angelsächsischen Recht auf die Präzedenzfälle berufen. Nach dem Grundsatz „Die USA haben immer Recht!“ ist ihre Abspaltung aber trotzdem völkerrechtswidrig.  

„Im Jahre 1837 traten britische Truppen einer Rebellion in der damaligen Kolonie Kanada entgegen. Die Vereinigten Staaten wollten zwar die Rebellen nicht direkt unterstützen, um sich nicht die Supermacht Großbritannien zum Feind zu machen, doch konnten sie nicht verhindern, dass Amerikaner eine Privatmiliz zur Unterstützung der Rebellen bildeten. Diese Freiwilligen brachten auf einem Flussdampfer namens ‚Caroline‘ Waffen und Männer zu einer Insel auf der kanadischen Seite des Niagaraflusses. Die Briten revanchierten sich mit einem nächtlichen Überfall, eroberten den Dampfer, der vor dem Fort Schlosser im Bundesstaat New York, also auf US-Territorium angedockt lag, steckten die ‚Caroline‘ in Brand und schickten sie flussabwärts über die Niagarafälle.“ (https://monde-diplomatique.de/artikel/!1089207 vom 13.09.2002, wortgleich auf https://taz.de/!1089207/ ohne Datum) Dieser Vorgang war formal ein britischer Angriff auf die USA, und nach den damaligen Ehrbegriffen hätten die USA mit einem Gegenangriff reagieren müssen. In diplomatischen Protestnoten und einem anschließenden Briefwechsel räumten die USA den militärisch überlegenen Briten aber ein Recht auf präventive Selbstverteidigung ein, nach der diese Militäroperation auf US-Territorium zur Verhinderung eines Angriffs der Privatmiliz gerechtfertigt war. Diese Argumentation in dem Präzedenzfall hat die USA für eigene Präventivschläge, z.B. wegen der Bedrohung durch tatsächlich nicht existierende Massenvernichtungswaffen des Irak, immer wieder benutzt.  

Andere Länder waren hier zurückhaltender. Israel rechtfertigte den Sechstagekrieg mit der ägyptischen Blockade des Hafens von Elat und dem Aufmarsch ägyptischer Truppen auf der Sinai-Halbinsel. Nach diesem Maßstab waren die seit 8 Jahren andauernden ukrainischen Luftangriffe auf die Donbas-Republiken und die konkreten Vorbereitungsmaßnahmen zu ihrer Rückeroberung ein viel stärkerer Kriegsgrund als Akt der Selbstverteidigung. Die Anerkennung der beiden Volksrepubliken durch Russland am 21.02.22 und die Vereinbarung militärischen Beistands waren nach Art. 51 der UN-Charta eine Rechtfertigung auch für einen russischen Entlastungsangriff auf Kiew, mit dem 3 Tage später begonnen wurde. Aus der zeitlichen Abfolge war zu erkennen, dass die völkerrechtliche Rechtfertigung künstlich war. Die moralische Rechtfertigung ergab sich aber aus den 8 Jahren der ständigen ukrainischen Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung im Donbas und der ukrainischen Weigerung zur Durchführung der Minsker Friedensabkommen.   

Den USA muss klar gewesen sein, dass sie mit der NATO-Osterweiterung und der militärischen Aufrüstung der Ukraine trotz der Konfliktlage mit der russischen Bevölkerung im Osten und Süden des Landes (nach den Grenzen von 2013) einen militärischen Konflikt mit Russland provozierte. Sie konnten nicht erwarten, dass der Nicht-Westen den Grundsatz „Die USA haben immer Recht!“ akzeptieren würde. Über die Gründe für dieses friedensgefährdende Verhalten kann nur spekuliert werden.

Den Schaden der amerikanischen Politik hat Europa, und insbesondere Deutschland. Eine deutsch-russische Freundschaft mit einer krisensicheren und preisgünstigen Gasversorgung durch Northstream 2 wäre ein Impuls für die weitere wirtschaftliche Entwicklung und eine Friedensgarantie für Westeuropa gewesen, die aber auf alle EU-Mitglieder ausgestrahlt hätte. Die Umsetzung der Minsker Friedensabkommen hätte das Ukraine-Problem gelöst. Der Inspekteur der deutschen Marine, Admiral Schönbach, musste am 23.01.22 auf Druck des ukrainischen Botschafters Melnyk (deutsch: Müller) zurücktreten, weil er eine politisch nicht genehme Wahrheit aussprach und bei einem Besuch in Indien eine realistische Friedensregelung für die Ukraine beschrieb. Schon einen Monat vor dem Krieg wedelte also der Schwanz (Melnyk) mit dem Hund (Scholz)!  

Die USA können jetzt fünf Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sie schwächen den wirtschaftlichen Rivalen Europa und stärken ihre eigene Wirtschaft. Sie schwächen den politischen Rivalen Russland militärisch und verheizen dabei die von der NATO aufgerüsteten Ukrainer als Kanonenfutter. Die Flüchtlinge sichern den Europäern billige Arbeitskräfte, müssen aber zunächst von ihnen versorgt werden. Schließlich schüchtern sie noch China ein um es vor einer Eroberung Taiwans zu warnen. Und sie brechen den Widerstand der Bürger Europas gegen höhere Militärausgaben, was dann die Auftragsbücher der US-Rüstungsindustrie füllt. Wer Freunde wie die USA hat, braucht keine Feinde mehr!

Wer vor diesem Hintergrund mit dem Völkerrecht argumentiert, ist naiv. Es geht auch international und besonders im Angelsächsischen Rechtssystem nicht darum, Recht zu haben, sondern Recht zu bekommen! Die kleinen Länder hätten nur in einer multipolaren Weltordnung eine Chance auf Gerechtigkeit, in der es keine übermächtigen Länder gibt. In einer Welt mit wenigen Großmächten, vielen Mittelmächten und noch mehr Kleinen würden sich immer Koalitionen oder kurzzeitige Zweckbündnisse zusammenfinden, die ein Übergewicht einzelner Staaten verhindern wollen. Nur in einer solchen Weltordnung kann das Völkerrecht eine Chance haben. Daran können die Länder, die für sich ein Übergewicht anstreben, aber kein Interesse haben.

Für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte wird die Welt aber mit neuen gegnerischen Blöcken leben müssen. Russland, China und wahrscheinlich auch Indien (die Alternative wäre die Rolle eines US-Vasallen zweiter Klasse) dürften ein Zweckbündnis eingehen, um sich dem Einfluss der USA zu entziehen und wirtschaftliche Gegenmacht aufzubauen. Dem dürften sich mindestens die Länder anschließen, die schon jetzt den Unmut der USA auf sich gezogen haben. Sollte dieses Zweckbündnis einen leistungsfähigen Wirtschaftsraum bilden können, würden weitere Länder aus Asien, Afrika und Lateinamerika dem Beispiel folgen. Daraus kann sich dann ein West-Rest-Gegensatz (die USA und ihre Vasallen gegen den Rest der Welt) aufbauen. Besonders für die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas wäre die Mitgliedschaft in einem solchen Zweckbündnis ohne moralische Ansprüche oder „westliche Werte“ attraktiver als die Rolle eines „USA-Vasallen dritter Klasse“. Deutsche Politiker (männlich/weiblich/divers), die bei offiziellen Besuchen anderer Länder die Menschenrechte ansprechen wollen, werden dann nur noch ausgelacht.

Aber vielleicht ist ja die Eiszeit in den internationalen Beziehungen die Antwort der grünen Außenpolitik auf die globale Erwärmung!

 

Norddeutschland, Katalonien und die Ukraine

März 2022

 

Kriege haben nicht nur Auslöser, sie haben auch Ursachen. Der Erste Weltkrieg wurde durch das Attentat von Sarajewo ausgelöst. Es war aber nur der Funke, der ein vorhandenes Pulverfass zur Explosion brachte. Im Ukraine-Krieg wird vom Westen ein nationaler Gegensatz zwischen Russen und Ukrainern behauptet, wobei „die Russen“ „die Ukrainer“ unterdrückt haben sollen. Die russische Führung führt dagegen an, dass die Ukraine historisch immer ein Teil Russlands war. Von beiden Seiten wird die ukrainische Sprache und Kultur als Argument angeführt. Es soll hier im Vergleich zu anderen nationalen oder regionalen Unterschieden untersucht werden, ob der Gegensatz zwischen Russen und Ukrainern eine tiefere Ursache für einen Krieg darstellen kann.

Ich bin in einem Dorf in Norddeutschland aufgewachsen. In meiner Kindheit war die plattdeutsche Sprache (Platt) hier noch präsent. Zur Zeit der Hanse war sie in dem Städtebund die Amtssprache und alle Kaufleute benutzten sie, von Belgien bis Russland - also eine Weltsprache. Mit der Bibelübersetzung von Martin Luther wuchs ab den 16. Jahrhundert auch im evangelischen Norddeutschland bei den gebildeten Bürgern die Bedeutung des Hochdeutschen. Auf Platt wurden Verträge geschlossen, aber keine Bücher geschrieben. Im Westen wurden die protestantischen Niederlande 1581 (im Westfälischen Frieden von 1648 anerkannt) selbständig und auch im katholischen Flandern (spanische bzw. österreichische Niederlande) sprach man die gleiche Sprache. Platt ist nicht Holländisch, aber je weiter man nach Westen kommt, um so ähnlicher werden sich die Sprachen. Bis vor dem Zweiten Weltkrieg war Platt in den Dörfern die Umgangssprache, Luthers Hochdeutsch war die Sprache der Oberschicht, der Zeitungen und der Literatur.

Der Hitler-Faschismus hatte seine Hochburgen in den evangelischen ländlichen Regionen. Er wäre für die Nazis töricht gewesen, die plattdeutsche Sprache unterdrücken zu wollen. Aber Hochdeutsch wurde in Norddeutschland gefördert. Zu meiner Kindheit sprachen die Alten Platt und für sie war Hochdeutsch eine Fremdsprache. Die mittleren Altersgruppen waren fließend zweisprachig und die Kinder lernten Hochdeutsch als Muttersprache und Platt als erste Fremdsprache. Meine Generation hat die Sprache nicht mehr an ihre Kinder weitergegeben, und sie ist am Aussterben. Auch vor 100-150 Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, eine plattdeutsche Nation auszurufen oder den Anschluss Norddeutschlands an die Niederlande zu fordern.

Katalonien ist hierzu der krasse Gegensatz, schon weil die spanischen Faschisten zwischen 1939 und 1975 die katalanische Sprache massiv unterdrückt haben. Franco stützte sich nicht auf die Bauern, sondern auf die katholische Kirche, das Militär und die Großgrundbesitzer. Anders als die NSDAP, die bei der Reichstagswahl im Juli 1932 37,4 % der Stimmen erhielt, bekamen die Faschisten der „Falange Española“ bei den Wahlen Anfang 1936 nur 0,7 %; auf den Wahlsieg der linken Volksfront reagierte die Armeeführung am 18.07.1936 mit einem Militärputsch.

Katalonien bzw. Aragon wurde nach der arabischen Eroberung der iberischen Halbinsel schnell wieder christlich. Der arabische Einfluss auf die katalanische Sprache und Kultur war also viel geringer als beim kastilianischen Spanisch. Das spanische Königreich entstand mit der Heirat von Isabella von Kastilien mit Ferdinand von Aragon im Jahr 1476, was zur Vereinigung beider Königreiche führte. Im Lauf der Zeit kam es aber zu einer Dominanz Kastiliens. Die katalanische Sprache und Kultur blieb weiter präsent, auch hier stärker in den Dörfern als in den Städten.

Der katalanische Nationalismus dürfte ab 1975 durch die vorherige Unterdrückung durch Franco Auftrieb erhalten haben. Die Sprache ist im Alltag der Menschen präsent. Als Tourist an der Costa Brava findet man keinen spanischsprachigen Radiosender und auch die Menschen sprechen untereinander Katalanisch. 1989 wurde ich in Barcelona von einer alten Frau angesprochen, die mich etwas fragen wollte. Ich antwortete ihr auf Spanisch, dass ich kein Katalanisch verstehe und sie mit mir Spanisch sprechen könne. Sie antwortete mir auf Katalanisch und weigerte sich aber hartnäckig, selbst mit einem Ausländer Spanisch zu sprechen. So konnte ich ihre Frage nicht beantworten. Vor dem norddeutschen Hintergrund ist für mich diese katalanische Feindschaft gegenüber den Spaniern nicht zu erklären. Trotzdem hat sie nicht zu einem Unabhängigkeitskrieg geführt.  

Auch die Ukraine kann mit Norddeutschland und Katalonien verglichen werden. Man findet Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Putins Aussage, dass es vor 1991 keinen ukrainischen Staat gegeben habe, ist richtig. Im Zuge der Oktoberrevolution bildeten sich zwar auf dem Gebiet des ehemaligen Zarenreichs einige neue Staaten, auch die Ukraine. Sie wurden aber 1922 wieder zur Sowjetunion vereinigt. Mit ihr sollte die Russische Dominanz der Zarenzeit durch eine Gleichberechtigung großer und kleiner Völker ersetzt werden. Das blieb die nächsten 69 Jahre aber vielfach Theorie.

Putins Aussage, dass die Grenzen der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik von Lenin gezogen wurden, ist aber richtig. Der Name kommt aus dem Russischen „U Kraina“ (= Am Rand), also einer abwertenden geografischen Bezeichnung als Randgebiet. Die Entstehung des russischen Zarenreichs wird auf das Fürstenbündnis des „Kiewer Rus“ zurückgeführt. Wegen häufiger mongolischer Angriffe unter Dschingis Khan wurde sein Sitz nach Moskau verlegt. Kiew war also die Wiege Russlands. Historisch kann man den Westen, Osten und Süden der heutigen Ukraine unterscheiden. Die Grenze zwischen Ost und West kann am Dnjepr gezogen werden. Noch heute sprechen die Ukrainer von „lewy Bereg“ (linkes Ufer) und „prawy Bereg“ (rechtes Ufer), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Dnjepr von Nord nach Süd fließt und das linke Ufer den Osten und das rechte Ufer den Westen beschreibt. Das Land am rechten Ufer gehörte zunächst zu Polen-Litauen. Hier bildete sich die ukrainische Sprache heraus, die starke Ähnlichkeiten mit der polnischen hat, außer bei der Aussprache und der Schrift. Das linke Ufer war stets russisch, und hier wurde vor 1991 niemals Ukrainisch gesprochen. Der Süden gehörte zum Khanat der Krim, einem Vasallenstaat des Osmanischen Reiches. Mit der Eroberung der Krim durch Fürst Potjomkin, der dort die Potjomkinschen Dörfer errichten ließ, wurde der Süden russisch besiedelt, auf der Krim blieb aber eine türkische Minderheit. Auch im Süden wurde also niemals polnisch bzw. ukrainisch gesprochen. Im Zuge der polnischen Teilungen wurde Ostgalizien österreichisch, der Rest des ehemals polnischen Westens kam zu Russland.

Wie in Norddeutschland mit dem Verhältnis von Platt und Hochdeutsch hielt sich im Zarenreich sich Ukrainische in den Dörfern, während sich in den Städten Russisch durchsetzte. Anders als in Norddeutschland gab es aber mehr Schriftsteller, die auf Ukrainisch schrieben. In Ostgalizien wurde Ukrainisch gesprochen, was in Österreich-Ungarn als Ruthenisch bezeichnet wurde. Das politische Ziel war die Abgrenzung zur russischen Ukraine und eine Verhinderung russischer Ansprüche auf Ostgalizien. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Polnisch zur Amtssprache. Ab 1939 kam auch Ostgalizien zur inzwischen weitgehend russischsprachigen Ukraine. Zwischen 1991 und 2004 kam es zu einer langsamen Aufwertung der ukrainischen Sprache, ohne Russisch zu unterdrücken. Mit der Orangenen Revolution von 2004 begann aber die Entrussifizierungspolitik und auch den Menschen im Süden und Osten wurde Ukrainisch aufgezwungen. Noch 2018 habe ich bei einem Besuch in Kiew (am Dnjepr, also der Ost-West-Grenze) z.B. in der U-Bahn kaum Ukrainisch als Umgangssprache gehört; ganz anders als in Katalonien. Die Katalanen tragen den Nationalismus und verwenden ihre Sprache. Der ukrainische Nationalismus wirkte 2018 auf mich selbst in Kiew aufgesetzt und nicht in der Bevölkerung verwurzelt. Im Osten und Süden gab es sogar heftigen Widerspruch aus der Bevölkerung. Dieser Beobachtung steht nicht entgegen, dass eine Mehrheit auch in der Ostukraine einen Beitritt des Landes zur EU befürworteten, weil sie sich davon einen höheren Lebensstandard versprachen. Das war aber eine unrealistische Erwartung, denn die EU wäre mit der Aufnahme eines so großen Landes mit so großen Förderbedarf finanziell völlig überfordert gewesen. Wirtschaftliche Interessen begründen aber keine nationale Identität.

Man stelle sich vor, dass sich 1990 nach einem Zusammenbruch der BRD statt der DDR die Länder Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein mit den Niederlanden vereinigt hätten. Zunächst hätte der neue Staat Neederlands, Platt und Hochdeutsch nebeneinander akzeptiert, nach einem Regierungswechsel wäre aber Plattdeutsch, das kaum noch jemand fließend sprechen kann, als einzige Amtssprache vorgeschrieben worden. Danach würde sich Südniedersachsen, wo auch früher kaum Platt gesprochen wurde, für unabhängig erklären und Hessen hätte sich zur Schutzmacht erklärt. Der wesentliche Unterschied ist nur, dass sich in den letzten 500 Jahren Neederlands als eigenständige Sprache weiterentwickelt hat und sich von dem Platt zu Zeiten der Hanse unterscheidet.    

Als gebürtiger Norddeutscher, der Platt verstehen und es noch als Fremdsprache sprechen kann, würde ich daraus keinen Plattdeutschen Nationalismus oder sogar Separatismus ableiten. Ich habe deshalb kein Verständnis für den katalanischen Separatismus oder die antirussische Hetze der ukrainischen Nationalisten. Die Zurückdrängung der plattdeutschen Sprache durch die Verbreitung des Hochdeutschen ist eine ebensolche Tatsache wie die Dominanz des Kastilianisch in Spanien (nach der Vereinigung von Kastilien und Aragon) oder die Russifizierung der Westukraine (prawy Bereg) im Zarenreich. Die Ukraine zeigt, dass eine Politik, die historische Entwicklungen zurückdrängen will, nur Unfrieden stiftet.

Dieser Unfrieden kann von anderen Mächten, die mit der Problematik nichts zu tun haben, instrumentalisiert werden und dann auch Kettenreaktionen auslösen. Es soll an dieser Stelle ein Kommentar von Waleri Korowin auf RT-DE (https://test.rtde.live/meinung/136440-russlands-kampagne-in-ukraine-als-beispiel-china-taiwan/ - wenn nicht gerade wieder vom „freien Westen“ gesperrt) zitiert werden, der einen Bogen von der Ukraine nach Taiwan spannt:

„Die Ukraine ist ein politisches Projekt, das von der österreichisch-ungarischen Regierung in Auftrag gegeben und später von Deutschland und Polen mitgetragen worden war – und zwar mit dem Ziel, das Russische Reich zu schwächen und einen Teil seiner Gebiete zu entfremden. … Und schließlich sollte der Ukraine, diesem künstlichen politischen Gebilde, zum richtigen Zeitpunkt der Befehl gegeben werden, sich wie ein tollwütiger Hund auf Russland zu stürzen, um es zu schwächen, zu zermürben und auszubluten.

Und so, wie die Ukraine ein Anti-Russland ist, ist seinerseits auch Taiwan ein Anti-China. Die geopolitische Logik ist dieselbe: ein transatlantischer geopolitischer Brückenkopf in der Nähe des eurasischen Festland-Chinas, der im Vergleich zum Letzteren ideologisch gesehen nach dem gegensätzlichen Vorzeichen ausgerichtet ist, die westliche Zivilisation repräsentiert und die westlichen ideologischen Modelle auch umsetzt.“

Es war ein einzigartiger Fehler der Westeuropäer, vor 20 Jahren das Angebot zu einer Vereinigung Ost- und Westeuropas unter Einbeziehung Russlands mit einer Unabhängigkeit von den USA abzulehnen, Russland damit in ein Bündnis mit China zu treiben und damit ein Denken in geopolitischen Machtbereichen zu erzeugen. Aus dieser Position kommt der wahrscheinlich der offiziellen russischen Meinung entsprechende Kommentar zu der Einschätzung:  

„Aus geopolitischer Sicht ist die Ukraine ein wichtiger Teil des Großen Russlands, ohne den Russland nach den Worten des verstorbenen Zbigniew Brzeziński aufhört, eine eurasische Supermacht zu sein, und sich in ein asiatisches Regionalreich mit einer Reihe von Konflikten mit seinen Nachbarn verwandelt – wohingegen ein mit der Ukraine vereintes Russland automatisch ein Imperium werde.

Nun gilt das Gleiche auch für Taiwan: Auch Taiwans strategische Lage ist von entscheidender Bedeutung, da es sich im Zentrum der ersten Inselkette und der Knotenpunkte im Ostchinesischen Meer, in der Taiwanstraße und im Südchinesischen Meer befindet, an denen der Schiffsverkehr zusammenläuft. Von dort aus lässt sich die Schifffahrt in der gesamten Region kontrollieren – und dort stellen sich alle Fragen zur Sicherheit des chinesischen Festlandes, die sich auch nur dort beantworten lassen.“

Es war die Politik der USA, in den letzten 75 Jahren Russland bzw. die Sowjetunion und China geopolitisch mit Militärbasen in Asien und Europa einzukreisen und eine vergleichbare Politik in Amerika (siehe Guatemala 1954, Kuba 1961/62, Chile 1973, Nicaragua 1981, Grenada 1983) nicht zu dulden. Was wäre, wenn der folgende Absatz ernstgemeint wäre?

„Denn das eingangs skizzierte Lieblingsspielchen des Westens hat dieser nicht gepachtet, und wenn Washington nicht damit aufhört, dann könnte jemand zum Schluss gelangen, dass zum Beispiel die Texaner ein besonderes Volk der Nicht-US-Amerikaner sind und Hawaii eine Insel der Freiheit neben Kuba, auf der schon lange und sehnsüchtig die Hilfe Chinas und die russische Marineinfanterie erwartet wird; dass das chinesische Kalifornien schon lange auf chinesische Waffen für seinen Befreiungskampf wartet, weil etwa in San Francisco die meisten Menschen nicht verstehen, warum sie, die meisten von ihnen Chinesen, noch länger dem belang- und zusammenhanglosen Geschwätz eines lebensüberdrüssigen alten Mannes aus Washington zuhören sollten.“

Es ist aktuell nicht absehbar, welche globalen Schockwellen die NATO-Osterweiterung noch auslösen wird.

Nachtrag:

Februar 2024


Dieser Text wurde im März 2022 zur Erklärung der Eskalation in der Ukraine geschreiben. Im Februar 2024 erklärte der Herausgeber der Seite www.katalonienkonflikt.eu, meinen Text verwenden zu wollen. Für Katalonien ist eine zusätzliche Einordnung nötig.

Die drei Beispiele dürfen nicht gleichgesetzt werden. Plattdütsch ist eine ehemalige Weltsprache, die jetzt friedlich ausstirbt. Ukrainisch war im Westen in den Dörfern eine Regionalsprache und sie wurde von den Nationalisten zur einzigen Staatssprache gemacht. Die Europäische Charta der Minderheits- und Regionalsprachen wäre dadurch verletzt, sie gilt in der Ukraine aber nicht. Die Unterdrückung der russischen Sprache als Alltagssprache der Mehrheit kann mit der Unterdrückung der katalanischen Sprache durch Franco verglichen werden.

Die Erfahrung der Ukraine ist, dass ein Sprachenstreit nicht eskalieren darf. Katalanisch ist in den autonomen Gemeinschaften von Katalonien und Valencia die allseits präsente Alltagssprache. Spanisch sprechen die Zugezogenen. Weil sich die Europäische Charta der Minderheits- und Regionalsprachen aber nur auf die angestammten Siedlungsgebiete der Volksgrupen bezieht und Migranten mit ihren Sprachen ausdrücklich nicht als Minderheiten anerkennt, ist Spanisch nicht geschützt. Diese Schutzlosigkeit kann die ethnischen Spanier eines Tages radikalisieren.

Die Kriminalisierung der Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens und die anschließende Verfolgung der Separatisten einschließlich des gewählten Präsidenten Kataloniens war ein politischer Fehler. Dadurch wurden sie zu Märtyrern. Es bedarf jetzt einer umfassenden Lösung, um die Gräben zuzuschütten. Dafür möchte ich als Unbeteiligter folgenden Vier-Punkte-Plan Vorschlag vorstellen:

1.
Neben der bereits politisch vereinbarten Anmestie für die Separatisten wird in den autonomen Gemeinschaften von Katalonien und Valencia ein Referendum über die staatliche Unabhängigkeit organisiert. (das ist ein Zugeständnis an die Sparatisten)
2.
Für die Unabhängigkeit bedarf es einer deutlichen Mehrheit von 55 % der abgegebenen Stimmen, die gleichzeitig die Mehrheit der Wahlberechtigten umfassen müssten. (Das ist ein Zugeständnis an den gesunden Menschenverstand. Eine derart weitreichende Entscheidung wie die Gründung eines neuen Staates kann nicht mit einer knappen Mehrheit beschlossen werden. Die Kombination der Quoren sollte für eine hohe Wahlbeteiligung sorgen. Bei 91 % wären beide Marken gleich. Bei einer 80-%igen Wahlbeteiligung müssten die Separatisten eine Mehrheit von 62,5 % erreichen.)
3.
Zeitgleich mit der Volksabstimmung über die Unabhängigkeit wird eine zweite Volksbstimmung durchgeführt, wonach die spanische Sprache unter den Schutz der Europäischen Charta der Minderheits- und Regionalsprachen gestellt wird. (Das ist ein Zugeständnis an Spanien, denn auch die Befürworter der Unabhängigkeit stünden unter einem moralischen Druck, diesem Antrag zuzustimmen.)
4.
Bei einer ausreichenden Mehrheit für die Unabhängigkeit wird eine angemessene Übergangszeit beschlossen, in der schrittweise Zollvorschriften, Pässe, Visavorschriften und eine eigene katalanische Währung eingeführt werden. Ein Katalog der nötigen Maßnahmen ist vor der Abstimmung zu erarbeiten. Anders als beim BREXIT müssen die Konsequenzen der Unabhängigkeit Kataloniens vor der Absstimmung bekannt sein. (Die Erinnerung an die praktischen Probleme des BREXIT soll eine wohlüberlegte Entscheidung bei der Volksabstimmung ermöglichen)